Schlagwort: Medienpädagogik

Kinder vor dem Computer? Apps im Test

Erst kürzlich habe ich darüber geschrieben, für wie sinnvoll ich es halte, dass Kinder auch den Umgang mit den modernen Medien erlernen. Denn schließlich gehören sie zu unserem Leben dazu. Sehr passend dazu habe ich ein Interview mit Anke Engelke bei Brigitte Mom entdeckt, in dem sie folgendes angibt:

Wie sollte man dann mit Kindern fernsehen?

Die Kinder dabei begleiten, zehn oder zwanzig Minuten anschauen und danach darüber reden. Oder im Idealfall auch mal die Pausentaste drücken – man muss ja nicht linear schauen – und sagen: „Hä? Das habe ich jetzt nicht verstanden. Hast du das verstanden?“ Es ist ganz wichtig, dass man weiß, was die Kinder aufnehmen.

Gilt sicher auch fürs Internet.

Internet? Einfach gar nicht, oder?

Wir haben jetzt im iPad einen Code eingestellt, damit mein Sohn nicht . . .

Wie alt ist der denn?

Acht. Er gibt immer Wörter bei Google ein und sucht zum Beispiel Tierfilme.

Warum darf der denn Ihr iPad haben?

Na ja, darf er eigentlich gar nicht. Es liegt halt bei uns rum.

Dafür habe ich kein Verständnis. Alles, was rumsteht, ist für das Kind natürlich Teil des Lebens. Also, wenn die Eltern gern eine Flasche Wein trinken, dann steht da halt irgendwo eine Flasche Wein rum, und die gehört dann zum Kosmos des Kindes – auch eines kleinen Kindes. Das ist Alltag. Wenn die Eltern rauchen, wenn sie sich streiten, wenn das iPad rumliegt, alles normal. Eltern definieren den Kosmos des Kindes.

Anke Engelke selbst hat ein Uralt-Handy, mit dem sie ungern telefoniert. Lieber schickt sie SMS, und ihre Mails checkt sie nur einmal, abends.

Sind Sie da nicht ein bisschen zu streng? Das iPad erleichtert uns auch den Alltag, wir gucken da nach, wann die nächste Bahn kommt oder was wir kochen.

Wie schade. Ich würde das immer in Frage stellen. Es ist schließlich Ihr Leben, da muss man genau gucken, was da Einzug hält und was selbstverständlich wird. Finde ich bedenklich, weil das auch die Trägheit der Erziehungsberechtigten zeigt.

„Alles was rum steht, ist für das Kind natürlich Teil des Lebens.“ Darin gebe ich Frau Engelke sogar Recht. Und so sind natürlich auch neue Medien Teil des Lebens. Computer, Pads, Smartphones sind Teil unseres Lebens. Und deswegen müssen unsere Kinder auch lernen, wie man damit umgeht. Nicht stundenlang am Tag und natürlich entsprechend ihrem Alter. Aber Dinge, die wir selbst nutzen, aus dem Alltag vor den Augen der Kinder zu verstecken, ist nicht der richtige Weg. Das ist, als ob man ihnen sagen würde, sie dürften keine Schokolade essen und heimlich jeden Abend selbst eine Tafel verdrücken. Das wäre nicht authentisch und Kinder brauchen authentische Eltern. Und warum sollte es schlimm sein, dem Kind zu zeigen, wie es modern nach Informationen suchen kann? Es bedeutet nicht, dass wir keine Lexika mehr in unseren Schränken zu stehen haben oder den Weg zur Bibliothek nicht finden. Aber das Internet bietet in Sachen Wissensvermittlung und -auffindung viele Möglichkeiten. Doch dafür müssen Kinder auch lernen, wie man Suchmaschinen überhaupt benutzt, wie man dort die richtigen Worte eingibt und wo man suchen kann. Kinder müssen Kompetenz im Umgang mit diesen Dingen erwerben.

Kompetenz ist etwas anderes als pures „Dranlassen“. Mit Kompetenzvermittlung kann man sie auch über mögliche Gefahren aufklären – natürlich dem Alter und dem Entwicklungsstand entsprechend. Doch wie können Kinder überhaupt eine solche Kompetenz erwerben?

Nach und nach den Umgang lernen

Wenn Kinder an moderne Medien heran geführt werden, dann kann man sie nicht einfach hinsetzen und selbst machen lassen. Kleine Kinder brauchen selbstverständlich eine Anleitung, um den Umgang zu lernen. Sie brauchen einen Ansprechpartner, der mit ihnen zusammen auf Erkundung geht, der ihnen bei Fragen zur Seite steht und hilft. Der erklärt, was sie nicht verstehen. Und der natürlich auch die Zeit überwacht, die das Kind am Computer verbringt.

Je nach Alter können Kinder dann an verschiedene Inhalte heran geführt werden. Zunächst aber ist es wichtig, dass Kinder grundlegende Kompetenzen mit dem Umgang erwerben. Das bedeutet, dass sie zum Beispiel erst einmal lernen, wie  man das Medium richtig bedient. Klingt banal, gehört aber zur Kompetenz und macht Kinder schon Freude: An- und Ausschalten, lernen, wie man mit den Fingern auf dem Touchpad etwas bewegt, wie die Feinmotorik ausgerichtet sein muss. Natürlich ist das erst dann möglich, wenn das Kind auch entsprechend entwickelt ist. Babys und Kleinkinder haben daher an diesen Geräten noch nichts zu suchen, denn sie müssen sich motorisch erst einmal entfalten, bevor sie das Fingerspiel auch hier einsetzen und spezialisieren.

Und so können nach und nach weitere Informationen vermittelt werden: Nach dem Umgang mit dem Medium an sich kann das Kind anhand von Spielprogrammen ganz gezielt für sein Alter passende Inhalte nutzen. Vielleicht den Wetterbericht abrufen, um zu erfahren, ob für den Ausflug am Wochenende die Regenkleidung eingepackt werden muss? Oder anhand bestimmter Spiele weiter den Umgang mit dem Medium lernen.

Apps für Kinder im Test: Worauf kann ich achten?

Im Rahmen einer Aktion von Microsoft habe ich mit meiner Tochter verschiedene Apps auf dem Microsoft Surface 2 getestet. Neben der Erfahrung, ob speziell diese Apps geeignet sind für mein Kind, haben wir darüber jedoch auch einige Informationen generell zu Apps erfahren, die ich gerne weiter gebe.

1. Wähle eine App thematisch passend aus

Eigentlich eine selbstverständliche Regel, aber dennoch wichtig aufzuführen: Manchmal lassen wir Erwachsenen uns blenden. Bei Spielzeug kennen wir das, dass wir manchmal verleitet sind, Dinge zu kaufen, die uns selbst gefallen oder die wir in der Werbung als ansprechend empfunden haben. Unsere Meinung stimmt aber nicht unbedingt mit der unserer Kinder überein. Daher ist es gut, vorher zu erfragen und zu klären, welche Dinge gerade interessant sind, welche Figuren vielleicht besonders beliebt sind. bei der Tochter war Biene Maja thematisch gerade ganz weit vorne. Zwar hatte sie noch nie die Zeichentrickserie gesehen, aber von anderen Kindern aus ihrem Kindergarten davon gehört und auch schon eine Kinderzeitung der Zeichentrickfigur geschenkt bekommen. Auch inhaltlich passt es gerade zu ihrem Entwicklungsstand: Hier gibt es Suchbilder, Memoryspiele, Musik, die die kleinen Figuren machen. Durch die große Auswahl an Spielmöglichkeiten ist es wichtig, dass die Eltern dabei bleiben, das Spiel begleiten und das Kind durch die vielen bunten Auswahlmöglichkeiten vor Reizüberflutung schützen. Nach und nach in Begleitung kann das Spiel dann von einer Fünfjährigen gespielt werden.

2. Wähle eine App aus, die zum Entwicklungsstand des Kindes passt

Kinder können schnell überfordert oder von Reizen überflutet werden. Wenn man ihnen ein neues Gerät zeigt, ist schon allein der Umgang damit so aufregend und neu, dass nicht auch gleich das spannendste und bunteste Spiel ausgewählt werden muss. Ein ganz ruhiges Spiel, das erst einmal den Umgang mit dem Touchpad übt, ist praktisch. „Fiete“ ist ein ganz ruhiges und einfaches Spiel: Hier gibt es 15 Aufgaben, die Kinder meistern können: Eine Käsescheibe mit dem Finger auf das Brot schieben, dem Seemann einen Regenschirm in die Hand geben oder Äpfel in einen Korb manövrieren. Die aufregendste Aufgabe ist es, in einem Memoryspiel die zueinander passenden Paare zu finden. Es sind ganz einfache Bilder, nicht zu schrille Sounds – ein gutes Spiel für den Einstieg. Für die Tochter ist es auf Dauer schon etwas zu langweilig, wie sie selbst sagte.

3. Probiere eine App immer zuerst selbst vollständig aus

Es sieht so einfach aus: Da erscheint ein niedliches Bild und ein freundlicher Text sagt, dass diese App für Kinder geeignet ist. Auf diese Aussagen sollte man sich aber nicht verlassen. Gut ist es, eine App selbständig einmal auszuprobieren und alle Spielbereiche einmal durchzugehen. In der App „Tatütata Wunderwimmelbuch“ bin ich beispielsweise mit der Tochter auf einen für sie beunruhigenden Inhalt gestoßen, den ich nicht vermutet hätte: Im Bereich „Wunderwimmelbuch Polizei“ gibt es eine bewegte Seite, auf der viel passiert. Durch Antippen der Figuren und Dinge können die Kinder das Bild in Bewegung setzen. Hier gibt es auch einen Dieb, der in einen Laden einbricht. Dann kommt die Polizei, verhaftet ihn, bringt ihn ins Gefängnis. Dort biegt er die Stangen auf, flüchtet und bricht wieder in den Laden ein. Die Tochter war ganz verwundert: Warum kann der Böse wieder ausbrechen? Warum tut er das wieder? Warum konnte die Polizei ihn nicht festhalten? Mir ist nicht klar, was die Entwickler des Spiels hier für eine Aussage treffen wollten. Ganz klar aber bei uns: Das Spiel ist pädagogisch betrachtet durchgefallen.

Es gibt also einige Dinge, die wir Eltern vorher schon beachten können, bevor wir uns gemeinsam mit dem Kind an den Computer setzen. Und natürlich gilt dann dabei: Zusammen sein. Gemeinsam über das Spiel reden, das Kind unterstützen und seine Reaktionen beachten. Kompetenz entwickeln, statt nur Beschäftigung.

 

Vielen Dank an Microsoft für die Bereitstellung des Surface 2 für diesen Artikel.

Kinder und Medien – Kompetenz fürs Leben erwerben

Baby_Computer

Ich bin gerne draußen im Garten, am See, bei einem Spaziergang im Wald. Ich liebe es, dabei meine Kinder zu beobachten und ihr Spiel anzusehen. In der Natur können sie sich ganz frei bewegen, erfinden Spiele: Stöcke werden zu Schippen, zu Angeln, zu Gabeln. Sie werden zum Schnitzen oder Wandern benutzt. In der Natur können Kinder ihrem ganz persönlichem Impuls folgen, das Leben zu erkunden, selbständig und auf ihre Art. Sie kommen auf Ideen, die sie mit vorgefertigten Spielmaterialien nicht bekommen. Doch neben all diesen wunderschönen Naturerfahrungen gibt es auch eine ganz andere Seite, die meine Kinder kennen lernen und meiner Meinung nach auch kennenlernen müssen: moderne Medien wie Telefon/Handy, Computer, Fernsehen. – Ist das ein Gegensatz? Passt das nicht zu meiner Art des Familienlebens? Oder ist es nur der fortgeführte Grundgedanke?

Eltern als Vorbilder

Ich arbeite jeden Tag am Laptop. Zwar bin ich darum bemüht, in den Zeiten, in denen ich mit den Kindern zusammen bin, so wenig wie möglich am Handy oder Laptop herumzudrücken, doch sind beide im Alltag da und werden gelegentlich benutzt: Einen Anruf entgegen nehmen, einen Tweet senden, eine Email lesen – all diese Dinge passieren auch bei mir im Alltag, weil ich keine festen Arbeitszeiten außerhalb der Familie habe, sondern zu Hause arbeite auch wenn eines meiner Kinder nicht in einen Kindergarten geht. Und so sehen meine Kinder auch, dass ich Computer und Handy benutze. Der Sohn hat längst ein eigenes kleinen Smartphone aus Holz, das er gerne mit sich herum trägt und gelegentlich hinein sagt „Hallo, Susanne Mierau!?“ oder es in die Höhe hält und sagt „Foto!“. Die Tochter hört ihre Lieblingsgeschichten auf dem Ipad und hat schon vor vielen Jahren einen OLPC bekommen. Sie hat mit ihrer Freundin schon über Skype telefoniert und mit ihrem Vater über mein Handy Videotelefonate gemacht. Moderne Medien sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Selbst wenn wir auf dem Land sind und im Wald bin ich froh darüber, im Notfall eine Landkarte auf meinem Handy aufrufen zu können oder die BfR-App Vergilftungsunfälle bei Kindern gespeichert zu haben.

Fortschritt gab es auch schon bei uns

Man könnte sagen, die Zeiten haben sich geändert – aber haben sie das überhaupt? Sind Ipad und Handy heute nicht das, was für mich in meiner Kindheit ein Walkman (oder gar ein tragbarer CD-Player!) und ein GameBoy waren? Gesellschaftliche Entwicklungen schreiten voran. Nicht nur bei uns, sondern überall auf der Welt. Der schon erwähnte OLPC ist dafür nur ein Beispiel, dass längst nicht mehr nur in westlichen Industriegesellschaften Kinder an Computer heran geführt werden. Neue Medien sind überall um uns herum. Wir nutzen sie im Alltag und unsere Kinder müssen ebenfalls lernen, sie zu nutzen. So, wie wir früher lernten, dass S-Bahnen nicht mehr mechanisch mit Schiebemechanismus geöffnet werden sondern fortan indem man auf das kleine blinkende runde Feld drückt. Das Leben um uns herum entwickelt sich weiter.

Schritt für Schritt

Wenn wir unsere Kinder auf das Leben in unserer Gesellschaft vorbereiten wollen, müssen wir ihnen auch die Möglichkeit geben, dieses Leben zu erlernen. Natürlich müssen sie zunächst lernen, sich selbst zu verstehen, ihren Körper einzusetzen, zu greifen, zu laufen, zu sprechen. Sie müssen lernen, mit sich selbst umzugehen, um dann zu verstehen, wie man mit anderen Dingen umgeht. Sie müssen natürliche Kompetenzen erwerben,damit sie diese dann einsetzen, um Spielzeuge oder Dinge zu benutzen. Deswegen macht es erst Sinn, ihnen bestimmte Spielmaterialien oder Medien anzubieten, wenn sie diese Grundfähigkeiten ausgebildet haben.

Wie sieht also Medienpädagogik bei uns aus? Die Tochter hat erst recht spät angefangen, auf dem Fernseher bestimmte Inhalte zu sehen. Sie war etwa 3 Jahre alt, als wir begannen, mit ihr ausgewählte Clips auf Youtube zu sehen wie Elmo, Sendung mit der Maus oder Ernie und Bert. Der Sohn hingegen als zweites Kind wurde viel früher damit vertraut gemacht, weil eben die große Schwester es schon vorleben konnte. Heute sehen wir sonntags gemeinsam eine ausgewählte Serie zusammen.

Damit die Tochter aber auch versteht, wie Filme eigentlich gemacht werden und dass sie auch nur aus vielen verschiedenen Fotos bestehen, hat der Mann kürzlich mit ihr ein kleines Video selbst gedreht mit Stop Motion Studio. Meine Spiegelreflexkamera kann sie schon sehr gut bedienen und auch mit dem Handy macht sie schon eigene Fotos, bittet darum, bestimmte Dinge fotografiert zu bekommen, wenn sie sie unterwegs sieht und für sich aufheben möchte. Fotos von Freunden hängen an der Wand. Denn auch das gehört zur Medienerziehung dazu. Neben dem Speicher auf meinem Laptop und Handy gibt es aber auch ein ganz altmodisches Fotoalbum (oder besser: viele Alben), die die Bilder noch so aufbewahren, wie es in meiner Kindheit passierte.

Wer das am Handy nicht machen möchte, kann mit seinem Kind aber auch ganz einfach ein Daumenkino basteln, um zu zeigen, wie aus vielen einzelnen Bildern ein Film wird.

Was für mich früher der Kassettenrekorder war, ist für die Tochter heute der CD-Player, auf dem sie nach Absprache ihre Lieblingscd’s hören kann. Für mich ist es, als ob ich in meine Kindheit zurück versetzt werden würde, denn sie hört die CDs, die ich als Kind als Kassetten im Regal stehen hatte. Unterwegs gibt es diese Aufnahmen auch auf dem IPad zu hören, das sie schon erstaunlich gut selber bedienen kann, wie ich es schon erlebt habe, als sie heimlich darauf andere Dinge suchte. Daher gilt im Umgang damit: Nicht allein lassen, sondern immer dabei bleiben.

Auf dem OLPC hat sie mit ihrem Vater schon erste ganz einfache Spiele gespielt. Auch diese nie allein, sondern immer in Begleitung. Nun wollen wir die ersten Apps ausprobieren mit ihr und sehen, wie sie damit umgeht und ob es ihr gefällt. Für das Projekt „Kinder und Medien – Meine ersten Apps“ habe ich von Microsoft ein Surface 2 zur Verfügung gestellt bekommen und werde demnächst davon berichten, wie die Tochter die Spiele fand, welche ihr gefallen haben und warum und wie sie mir gefallen haben.