Über Mut und Hoffnung

von Conny Schier – Geborgen Wachsen Bindungsbegleiterin

Liebe Familien, wie geht es euch gerade? Ich beobachte, wie Krankheitswellen sich verdichten und die Vereinbarkeit von Care- und Lohnarbeit enorm herausfordern. Ich beobachte, wie sich in unserer Gesellschaft große Sorgen über unserer Demokratie und über die Zukunft auf unserem Planeten breit machen. Hart getroffen sind davon insbesondere junge Menschen, die ihre Zukunft noch vor sich haben und Familien, die sich für ihre Kinder eine glückliche Perspektive auf diesem Planeten wünschen.

Wir sind AUCH auf guten Wegen

Ich sehe jedoch auch noch etwas Anderes. Ich sehe Eltern mit knappen Ressourcen, die trotzdem ruhig und regulierend die Gefühle ihres Kindes nach der Kita begleiten. Ich höre Gespräche über Entscheidungen in Familien, bei denen Kinder altersgerecht mitbestimmen dürfen. Ich sehe Eltern, die in Stadtteilbibliotheken pilgern, um sich diversitätssensible Bücher auszuleihen und Eltern, die sich gegenseitig vernetzen, wenn es nach der Arbeit zeitlich eng wird. Ich sehe Eltern, die ihren Kindern beibringen, ihre eigenen Grenzen zu wahren und Eltern, die sich auf den Weg machen auch ihre eignen Grenzen zu erkennen und für diese einzustehen. Ich sehe Frauen, die sich Schritt für Schritt der Selbstfürsorge annähern. Frauen, die sich in ihren Partnerschaften in durchaus langwierige und kräftezehrende Auseinandersetzungen über gerechte Care-Verteilung begeben und Frauen, die für Gleichberechtigung einstehen.

Erziehung ist politisch

Ich möchte nicht sagen, dass hierbei alles ideal läuft und wir bereits am Ziel angekommen sind. Ich möchte euch als Demokratiebildnerin jedoch spiegeln, dass euer Einsatz unsere Welt verändern kann und wird. Ohne es zu merken, stärkt ihr unsere Demokratie. Auch wenn es nicht immer so scheint. Mit der liebevollen Begleitung eurer Kinder, dem Vermitteln von Haltungen, Werten, dem Vorleben von konstruktiver Konfliktfähigkeit und dem Umgang mit den eigenen Gefühlen, legt ihr den Grundstein für eine gelingende Demokratie. Denn, auch wenn wir Erwachsenen gerade demokratisch vor großen Herausforderungen stehen, gestalten unsere Kinder die Gesellschaft von morgen.

Ich möchte euch also Mut machen und Hoffnung geben. Wenn ihr z.B. dafür sorgt, dass

  • eure Kinder ihre Gefühle kennenlernen und fühlen dürfen, stärkt ihr unsere Demokratie.
  • eure Kinder verstehen, dass jedes Familienmitglied die gleichen Rechte und altersentsprechend (sowie ressourcenentsprechend) auch Pflichten hat, stärkt ihr unsere Demokratie.
  • eure Kinder lernen konstruktiv zu streiten, zu diskutieren, zu Entscheidungen zu kommen, stärkt ihr unsere Demokratie. Bedeutsam.

Selbstreflektion hilft uns

Doch es zählt nicht nur, wie wir unsere Kinder begleiten. Der Blick auf uns selbst ist genauso bedeutsam. Vielleicht schafft ihr es bereits, euch immer wieder selbst zu reflektieren. Euch anzuschauen, wo eigene Themen bearbeitet werden dürfen. Wir können demokratische Werte, wie Toleranz und Respekt, besonders glaubwürdig vermitteln, wenn wir sie selbst leben. Wenn wir die eigenen Haltungen gegenüber anderen Menschen hinterfragen: Wie offen bin ich eigentlich gegenüber anderen Meinungen? Behandele ich alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihren Lebensweisen gleich? Bin ich schon auf die Suche gegangen nach mir unbewussten, diskriminierende Haltungen gegenüber Menschen, die ich als „anders“ wahrnehme? Denn leider leben wir in einem System, in dem wir solche Haltungen und Gedanken schon in der Kindheit erlernen. Ohne es zu merken. Und diese stecken bis heute ins uns. Unbewusst. Doch das Gute (im Schlechten) ist, dass es uns allen so geht. Jeder Mutter, jedem Vater, jeder Demokratiebildnerin, jeder Familienberaterin, jeder Lehrerin. Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte. Wir alle dürfen uns auf den Weg machen und den Mut finden, die Gesellschaft so zu gestalten, dass wir in ihr leben wollen. Lasst es uns gemeinsam machen. Als Verbündete. Lasst uns eine Welt schaffen, in der Respekt, Toleranz und Gerechtigkeit nicht nur Ideale, sondern gelebte Realität sind. Denn damit legen wir den Grundstein für das, was wir uns alle wünschen: eine friedliche und stabile Gesellschaft.

Conny Schier ist akademische Sprachtherapeutin, Dozentin in der Jugend- und Erwachsenenbildung, Demokratiebildnerin und Bindungsbegleiterin nach
Geborgen Wachsen. Sie leitet Bildungsseminare und berät Familien und pädagogische Einrichtungen, die Kinder bedürfnisorientiert und diskriminierungssensibel begleiten wollen. Sie verbindet demokratische Themen mit dem Wissen rund um Bindung, Erziehung und Emotionen.

Fotos: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de

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