Ratlosigkeit statt guter Hoffnung

Ich bin ein positiver Mensch und gehe oft davon aus, dass sich die Dinge schon richten werden. Irgendwie. Dass alles einen Sinn hat und noch in gute Bahnen gelenkt werden kann, auch wenn das Leben mal ziemlich daneben gelangt hat. Ich versuche, bei allen Problemen oder Niederlagen den kleinen Funken zu sehen, der mir sagt, dass ich daraus etwas lerne, dass ein Problem mich auch irgendwie weiter gebracht hat. Aber in Bezug auf die Hebammensituation sehe ich gerade keinen Lichtblick mehr. Ratlosigkeit macht sich breit statt guter Hoffnung.

Die Schiedsstelle hat Ausschlusskriterien für Hausgeburten festgelegt, beispielsweise die Überschreitung des errechneten Geburtstermins um mehr als 3 Tage. Der Deutsche Hebammen Verband führt dazu aus:

Die Regelungen der Schiedsstelle bedeuten, dass ohne ärztliche Zustimmung zur Hausgeburt bei sogenannten relativen Ausschlusskriterien sowie immer bei absoluten Ausschlusskriterien eine Hebamme, die eine Hausgeburt durchführt, gegen den Vertrag mit den gesetzlichen Krankenkassen verstößt. In der Folge kann sie vom Vertrag ausgeschlossen werden. Gesetzlich versicherte Frauen erhalten damit in diesen Fällen keine Hebammenbetreuung auf Kosten der Krankenkasse. Auch haftungsrechtlich sind die Konsequenzen vermutlich weitreichend – eine Hausgeburt durchzuführen würde dann in den meisten Fällen als grob fahrlässiges Verhalten der Hebamme gewertet werden können.

 

Meine Tochter habe ich zwei Tage vor ihrem errechneten Geburtstermin im Geburtshaus geboren. Mein Sohn kam deutlich über den Termin, wenn ich mich recht erinnere waren es 6 Tage darüber. Ob mir meine Ärztin heute noch die Einwilligung gegeben hätte für diese Überschreitung, auch wenn ihr haftungsrechtliche Folgen drohen würden, wenn doch irgendetwas schief laufen würde? Ich weiß es nicht. In den nächsten Wochen muss ich wohl mit ihr darüber sprechen. Ich hoffe darauf, denn glücklicherweise habe ich eine großartige Ärztin.

Geburt

Auch für mein drittes Kind habe ich die Geburt zu Hause geplant. Vielleicht wieder am Schreibtisch? Es war ein guter Ort. Es war eine wunderschöne Geburt ohne Komplikationen. Aber diesmal stehen nun schon vorher Fragen im Raum, die vielleicht alles verändern. Tatsächlich habe ich keine Ahnung, wann der Tag meiner letzten Regel war. Den Geburtstermin haben wir nur in etwa berechnen können, weil der Zyklus meiner Freundin und meiner in etwa gleich sind. Als ihre Menstruation vorbei war und meine nicht einmal da, nahm ich an, dass ich dann wohl schwanger sei. Vielleicht liege ich auch einige Tage daneben? Vielleicht wäre der errechnete Geburtstermin eigentlich später?

Ich versuche auch hier positiv zu bleiben. Ich hoffe, dass dieser wissenschaftlich auch nicht zu begründenden Entscheidung nicht nachgegeben wird. Ich werde mich nicht beugen und meine Pläne für eine dritte wunderschöne Geburt allein im Kreis derer, die ich dabei haben möchte und kenne, aufgeben. Aber ein Funken der Angst hat sich in meinem Herzen festgesetzt, den ich in meinem Zustand nicht haben möchte. Ich bin schwanger und guter Hoffnung, weil das meine Lebenseinstellung ist. Und ich möchte nicht, dass mir ein Land, ein Urteil und eine unsinnige Entscheidung mein Recht auf gute Hoffnung zerstört.

Wie geht es Euch damit?
Eure

Susanne_clear Kopie

9 Kommentare

  1. Auch wenn für mich ohnehin keine Geburt außerhalb einer Klinik in Frage kommt, finde ich die aktuelle Meldung äußerst erschreckend. Wo soll denn das hinführen? Das Frauen zukünftig alle Kräfte in Bewegung setzen, um ja nicht über den Termin zu gehen?

  2. Das darf nicht wahr sein bitte. Mir wird schlecht und es macht mir große Angst, denn auch wir planen eine Hausgeburt im Frühjahr. Wie darf das sein? Auf welcher Grundlage maßen sich diese Leute an, über uns zu entscheiden?!

  3. Diana Gerlach

    Wie es mir damit geht? Ich könnte heulen!! Mein erstes Kind habe ich im
    Juli 2014 im Geburtshaus geboren. Und es war eine wunderschöne Geburt,
    nur die Hin- und Rückfahrt war etwas störend. Also könnte ich mir
    vorstellen, eines Tages ein zweites Kind zu Hause zu gebären. Bisher war
    eigentlich meine größte Sorge, was unsere Nachbarn im Mehrfamilienhaus
    über meine Schreie denken werden… Nun habe ich Angst, dass das gar
    nichts wird. Dass in den Jahren, bis wir uns aktiv für das zweite Kind
    entscheiden, Hausgeburten nur noch in Erzählungen leben. Dass bis dahin
    solch abstruse Regelungen auch für Geburtshäuser gelten – wenn es bis
    dahin überhaupt noch Geburtshäuser gibt.
    Ins Krankenhaus zur Geburt würde für mich nur im Notfall in Frage kommen. Also? Alleingeburt anstreben? Soll das die Lösung sein?

  4. Ich bin einfach nur entsetzt… ich lese es schon den ganzen Tag immer wieder… jeder Artikel, jedes Fakten nochmal wälzen macht nur noch ratloser, mutloser…. ich bin noch nicht wieder schwanger aber ich erfülle die Auswahlkriterien mit Sicherheit und wünsche mir fürs zweite Kind eine Hausgeburt. Die erste war traumatisch in einem Krankenhaus obwohl wir 2 kerngesund waren. Es gibt für mich keine Wahl. Ich muss entweder mein Kind dann allein bekommen oder eine weitere traumatische Geburt hinnehmen. Meine erste Reaktion heute war meinem Mann zu schreiben das er sich nach nem Job in NL oder GB umsehen soll damit Kind 2 dort zur Welt kommt.Nachdem er erfahren hatte warum pflichtete er mir nur bei.
    Das kann doch einfach nicht die Botschaft sein die jungen Erwachsenen mitgegen wird, entweder du bekommst keine Kinder oder nicht in diesem Land. Am Ende dieses Tages bleibt nur Fassungslosigkeit darüber das die Gesellschaft für alles Partei ergreift und Millionen sixh stark machen und hier seit Jahren nur ein paar 100000 zusammenkommen und die Politik die Problematik belächelt, abwinkt und BWL’er Richtlinien festlegen lässt.
    Ich finde keine Lösung, nur ganz viel Ratlosigkeit, Enttäuschung und Wut das dies hier unter uns, über unsere Köpfe hinweg entschieden und umgesetzt werden kann.

  5. Mir macht das große Sorgen. Ich habe mir beim nächsten Kind eine Geburt ohne diese ganzen Interventionen vorgestellt und weiß nicht, ob ich das realisieren kann. Ohne Einleitung, weil ich angeblich so weit über den Termin bin (was nicht stimmte, ich kenne meinen Zyklus und kannte meinen Eisprungtermin… das hat aber bis auf eine Ärztin im Krankenhaus niemanden interessiert.). Am liebsten ohne Sectio und ohne diese Hilflosigkeit.

    Der Geburtsgbericht zur Geburt deines Sohnes war so schön – ich habe ihn gerade gelesen – und ich wünsche mir, dass noch mehr Frauen solche Dinge erleben dürfen.

    Bald kommt es noch soweit, dass man, wenn man zuhause gebären will, das nur alleine tun kann, was soweit ich weiß, nicht erlaubt (und auch nicht sinnvoll) ist.

    Mir fehlt da wirklich jegliches Verständnis. Und ich bin sonst (schon von Berufs wegen) überzeugt davon, dass die moderne Medizin eine tolle Geschichte ist. Aber Schwangerschaft und Geburt sind doch keine pathologischen Vorgänge.

  6. Ich finde die Entwicklung schrecklich. Auch wenn für mich persönlich (jede Schwangerschaft Gestationsdiabetes, viertes Baby aus Beckenendlage) eh keine Hebamme die Verantwortung übernommen hätte. Aber ich weiß um die Belastungen, denen Hebammen mit jedem Schritt ausgesetzt sind- die gesetzlichen Hürden werden immer massiver, die freiberufliche Praxis zunehmend riskanter. Ich hätte mir sehr gewünscht, eine Hausgeburt zu erleben, und finde es furchtbar, dass dies anderen Frauen nun auf diese Weise schwer bis unmöglich gemacht wird. Und ich verstehe einfach nicht, warum.

  7. Also ich bin die Letzte, die oben genannte Argumente zurückweisen würde. Aber ein anderer Punkt wird tatsächlich nie wirklich angesprochen. Frauen, die Hausgeburten und eine überwiegende Hebammenbetreung wünschen sind nicht nur eine Minderheit, sondern eine verschwindend geringe Minderheit. Das heißt natürlich nicht, dass deren Wünsche einfach übergangen werden dürfen, aber es heißt sehr wohl, dass sich schlicht kaum einer für deren Wünsche interessiert. Die meisten Frauen wollen eine umfassende Ärztliche Betreuung vor, während und nach der Geburt. Sie wollen in eine Klinik gehen. Sie wollen vorher alle 2 Wochen einen US und bei der Geburt eine medizinische Betreuung, die ihnen die eigene Entscheidung weitgehend abnimmt. Und das sind nicht zufällig ein paar mehr Frauen. Es sind fast alle. Über 90%. Und nach die erhalten den Systemkreislauf. Wer daraus ausbrechen will, hat so manches Problem. Schön ist das nicht. Aber kein System der Welt richtet sich nach ein paar Individualisten. Und Klinikgeburten sind nichts Schlimmes. Man braucht auch keine Hebammennachsorge. Der Mehrheit reicht ne Hebamme im Kreißsaal.

    Ich finde nur, das muss auch von den Individualisten anerkannt werden. Auch wenn es sie in ihrer eigenen Entscheidungsfreiheit einschränkt. Denn die Hebammenfrage ist nun seit Jahren offen, die öffentliche Resonanz war nicht überragend. Warum? Weil es eben nur für wenige Frauen eine echte Relevanz hat. Es ist und bleibt ein Nischenproblem. Es gab keinen großen Aufschrei, weil man mit Arztvorsorge, Klinikgeburt und ohne Hebemmennachsorge wunderbar zurecht kommen kann. Hatte ich 2x. War problemlos.

    Ein ökonomisch geführtes Gesundheitssystem wie unseres kann sich nicht nach ein paar Ausnahmen richten. Und wenn es sich rechnet werden eben Minderheiten weiter in ihrer Wahlfreiheit beschnitten. Ich finde das nicht gut. Aber es das alles – das niedrige Lohnniveau, die Ökonomisierung der sozialen Bereiche, das ist nicht über Nacht entstanden. Deutschland hat sich vor Jahrzehnten bereits auf einen Kurs begeben, der den Menschen nicht im Mittelpunkt hat. Die Gegenwehr war minimal. Die Systemkritik auch. Ich bin selber vielfältig betroffen. Nur überraschen mich meine Probleme nicht. Halte ich dem Druck nicht stand, muss ich ihm eben selbst ausweichen. Der hilflose Aufschrei einiger Weniger ist zwar unschön, aber wundern, dass er ungehört verhallt muss man sich nicht. Das sollte eben auch mal erwähnt werden.

  8. Habe bei meinem ersten Kind eine traumatische Geburt im KH gehabt – beim zweiten Kind eine heilende Hausgeburt in Geborgenheit und ganz selbstbestimmt. Ich wollte immer drei Kinder haben. Aber ich möchte entscheiden, wie und wo mein Kind zur Welt kommt. Mir fehlt der Mut für eine weitere Schwangerschaft u. Geburt unter diesen polit. Voraussetzungen, das macht mich so traurig. Ich wünsche dir, Susanne, dass du einen guten Weg findest, dass du noch eine Hausgeburt haben darfst.

  9. Würde ich noch ein drittes Kind bekommen, würde ich während der Wehen so lange mit dem Anruf bei Hebamme/Notarzt warten, bis es nicht mehr geht und dann sagen:“ich schaffe es nicht mehr ins kh, kommen Sie bitte schnell.“ Nie im Leben würde ich ohne Komplikationen ins kh fahren, nur weil es die Politik so will 🙂 Aber ich hatte ja auch zwei tolle, fast schmerzfreie Blitzgeburten. Für alle anderen nicht so Gesegneten wünsche ich mir, dass sie doch weitestgehend ihre Traumgeburtssituationen verwirklichen können. Und dass sich die Situation doch noch ändert … weil sie MUSS, meine Güte!!

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