In dieser Woche habe ich den ersten Elternabend in einer Schule besucht. Meine Tochter kommt nach dem Sommer in die Schule und bereits jetzt gibt Elternabende, um Eltern auf diese neue Lebensphase vorzubereiten. Es ging um Lernen, Inhalte, um Fremdsprachen und Toleranz. Am Ende des Abends, als wir Eltern unsere Fragen stellten konnten, kam besonders eine Frage sehr häufig vor: „Wie kann ich mein Kind unterstützen und fördern, wenn es eine Fremdsprache lernt, die ich selber nicht sprechen kann?“ Auf alle Aspekte, die diese Frage beinhaltet, zu antworten, hätte den Rahmen des Elternabends gesprengt. Doch ein Punkt in dieser Frage hat mich besonders bewegt: Mein Kind wird Dinge lernen, die ich nicht gelernt habe, die ich nicht kann. Und das ist gut so.
In meiner Schullaufbahn habe ich viele Dinge gelernt: Dinge, die ich für mein Leben brauchte. Dinge, die ich niemals brauchte und schnell wieder vergessen habe. Dinge, die ich nie brauchte, aber auch nie vergessen werde wie die Polymerase Ketten Reaktion. Es gibt Dinge, die ich gelernt habe, die mich auf mein Leben vorbereitet haben. Oder ich habe mein Leben so gelebt, weil ich es so gelernt habe und nicht anders. Wie man Probleme analysiert, wie man mit Themen umgeht und überhaupt welche Dinge mich beschäftigen. Mein Leben lebe ich auf Basis all meiner Erfahrungen, meines Wissens. Es ist mein Leben, meine Gegenwart. Aber mein Kind ist nicht ich.
Mein Kind ist die Zukunft. Es wird hoffentlich Dinge neu gestalten, das Leben anders leben. Mein Kind ist Teil einer Zukunft, die sich hoffentlich von der Gegenwart unterscheidet. Um Dinge anders zu machen, braucht es den Raum, andere Erfahrungen machen zu dürfen. Es darf anders sein, andere Hobbys haben, andere Freunde, andere Lieblingsfarben. Ich gebe meinem Kind einen Nährboden, auf dem es wachsen kann. Ich trage Sorge für das Wohlergehen, aber ich gebe nur einen Rahmen, in dem es selber wachsen kann. Es streckt sich in die Richtung, die für ihr Leben richtig ist. Es orientiert sich an einem Leben, das sein wird, das es selbst gestaltet. Die Zukunft zu gestalten bedeutet auch, sich neu zu orientieren, sich nicht an Altem fest zu halten. Die Zukunft zu gestalten ist Aufgabe der Kinder, die erlernen, was sie für diese Zukunft brauchen in einem Rahmen der Achtsamkeit, den wir ihnen liefern.
Und darum bedauere ich es nicht, wenn mein Kind Dinge lernen wird, die ich nicht kann. Es wird lernen, Fehler machen, sich neu orientieren und daran wachsen. Es wird sich entwickeln und damit ein neues Leben.
Das hast du schön geschrieben. Ich finde aber auch, dass man selbst ja nochmal so viel lernen kann, wenn das Kind erstmal in der Schule ist. Bei uns dauert es ja nun noch einige Jahre, aber wenn mein Kind in der Schule eine Fremdsprache hat, die ich selbst nicht gelernt habe, dann steht für mich fest: die lerne ich mit!