Kürzlich traf ich eine hochschwangere Freundin. Wir gingen spazieren und sie sagte zu mir „Ich muss schon wieder eine Pause machen. Ich kann einfach nicht mehr schnell gehen. Alles geht so langsam, ich werde noch wahnsinnig. Dabei habe ich so viel zu tun. Warum hat die Natur das nur so eingerichtet?“Warum hat die Natur das nur so eingerichtet? Ja wir haben immer so unglaublich viel zu tun. Gerade mit Kindern. Und Arbeit. Und Job. Und Freunden. Und Partner. Und überhaupt. Und wenn wir schwanger sind, dann vergeht die Zeit auch so schnell. Wir arbeiten und dann kommt der Mutterschutz. Darin erledigen wir dann „noch schnell“ all die Dinge, die wir bisher nicht geschafft haben. Wir informieren uns über Stoffwindeln, besuchen einen Geburtsvorbereitungskurs und lesen ein Buch über HypnoBirthing. Wir sammeln die Erstausstattung zusammen und streichen das Kinderzimmer, das wir die ersten Jahre sowieso nicht benutzen werden. Wir haben unglaublich viel zu tun in unglaublich kurzer Zeit.
Aber die Natur hat das gar nicht so eingerichtet. Wir betrachten die Sache nur aus dem falschen Blickwinkel. Die Natur hat es nämlich so eingerichtet, dass Schwangere nicht mehr so viel tun, mal einen Gang runter schalten sollen. Die Natur hat eingerichtet, dass die Schwangere langsam zur Ruhe kommen soll. Sie wird langsam und schwerfällig. Sie bewegt sich nicht mehr so weit fort, denn sie soll ja am sicheren Ort ihr Kind zur Welt bringen. Sie macht noch einmal das Nest bereit, aber dann soll sie ruhen und warten. Die Langsamkeit anzunehmen und zu verstehen ist eine Vorbereitung auf die Elternschaft. Abwarten, Dinge laufen lassen und zusehen. Da sein, ruhig bleiben.
All dies sind Dinge, die wir schon in der Schwangerschaft lernen können und die so hilfreich sind für die spätere Zeit als Eltern. Es geht nicht mehr so schnell wie früher. Vielleicht auch nicht so effizient. Es ist, wie es ist. Und es hat immer seinen Sinn, dass es so ist. Mit kleinen Kindern geht alles langsam. Sie brauchen Zeit für die Kommunikation mit uns. Ihre Nerven leiten Impulse noch nicht so schnell weiter wie unsere. So brauchen sie viel länger, um zu verstehen, was wir ihnen sagen, was wir von ihnen wollen oder was gerade geschieht. Kinder brauchen Zeit und Ruhe – gerade am Anfang. Wir haben viel zu tun? Mit Kindern stellen sich so viele Dinge hinten an. Es ist nicht mehr wichtig, ob die Küche aufgeräumt ist, wenn dafür das Kind entspannt ist und ruhig eng an Mama geschmiegt im Bett schläft. Gelassenheit ist eine der wichtigen Tugenden, die wir lernen müssen als Eltern.
Manchmal ist es ein langer Weg dorthin, dass wir verstehen, dass Elternsein ein neues Zeitgefühl mit sich bringt. Es geht nicht mehr so schnell, so klar strukturiert. Vielleicht schaffen wir auch gar nicht mehr all die Dinge, die auf unseren langen Listen stehen. Kinder bekommen und haben bedeutet, sich auf ein anderes Leben mit anderen Parametern einzulassen. Und auch wenn es uns manchmal wahnsinnig macht, wenn wir eine kleine Spur dessen erahnen, wie wir früher lebten, führt kein Weg mehr in dieses Leben der Effektivität zurück. Deswegen können wir uns nur Gutes tun, wenn wir das neue Zeitgefühl so früh wie möglich annehmen. Lassen wir die Siebenmeilenstiefel mit einem kleinen Lächeln stehen – zumindest für einige Jahre.
Liebe Susanne, dein Text kam genau passend. Wir stecken mitten im Hausprojekt und mit unserer kleinen Tochter gestaltet sich meine Mithilfe gen Null. Dies anzunehmen und die schöne Zeit mit ihr trotz Trubel zu genießen fällt mir nicht immer leicht. Aber ich übe mich mit der richtigen Einstellung an die Situation zu gehen. Eben mit dem richtigen Blickwinkel. Kinder zeigen einem doch erst wieder wie wichtig die kleinen Momente des Innehaltens wirklich sind. Alles Gute für dich. Die Mama vom Maikind.
Wie schön Du es in Worte fasst! Was mir in meiner ersten Schwangerschaft noch schwer fiel, habe ich in der zweiten genossen – die Langsamkeit, das Träumen mit offenen Augen, den Gleichmut, das Gefühl ‚eh nichts zu schaffen und es also ebensogut einfach sein lassen zu können’…
Jetzt sitze ich hier – mittags, noch im Schlafanzug, die große Tochter hat Fieber und schläft nach einer Stunde Vorlesen auf dem Sofa, die Kleine hat grade gestillt und schläft auf meinem Schoß und ich stöbere derweil bei Dir und stopfe Puppenarme 😉
Die Hausarbeit bleibt liegen. Immerhin lausche ich dem beruhigenden Brummen von Wasch- und Spülmaschine. Wie dankbar bin ich, dass ich diese Langsamkeit heute aus vollem Herzen genießen kann!
Liebe Grüße von Lena
zauberflink.blogspot.de
Was für ein schöner Text! So hab ich das noch nicht betrachtet. Mich eher geärgert, als das Kind heute nicht die üblichen Tagschläfe hielt, während derer ich dies und das zu tun geplant hatte. Hab ich jetzt nicht geschafft. Aber wen störts?! Letztlich nur mich, und das, obwohl bügeln nu wirklich nicht mehr Spaß macht, als dies niedliche Baby einfach nur Nähe spüren lassen, mehr will es doch gar nciht.