Von #aufschrei und #schauhin in Kinderbüchern

Dr.Dolittle

Es gibt Bücher, die ich nicht kaufe, wenn ich sie im Bücherladen sehe. Conny ist so ein Beispiel. Mein Mann hat darüber einmal ausführlich geschrieben. Und dann gibt es Bücher, die sogar dieses flaue Gefühl im Magen noch übertreffen und auf der Liste der nicht-vorlesbaren Bücher landen. Dabei meine ich gar nicht mal die Bücher, von denen eigentlich heute klar sein sollte, dass sie eben keine Kinderbücher sind wie „Struwwelpeter“ oder „Max und Moritz“. Ich meine Bücher, die oft auch etwas subtiler Dinge vermitteln, die Kinder nicht vermittelt bekommen sollten. In meiner Vorlesegeschichte als Mutter bin ich dabei bisher auf diese Bücher gestoßen, die ich mit #aufschrei und/oder #schauhin markieren würde:

Hugh Lofting „Doktor Dolittle und seine Tiere“, erstmals 1920 erschienen, derzeit in der 6. Auflage (2011) im Dressler Verlag, worin es u.a. heißt:

Aber Du musst diesen Neger weiß machen. Denk dir was aus, denk gründlich nach. Du hst doch noch viel Medizin in deiner Tasche. Er tut alles für dich, wenn Du seine Farbe änderst. […]

An diesem Abend kam Bumpo heimlich zum Doktor ins Gefängnis und sagte: „Weißer Mann, ich bin ein unglücklicher Prinz. Vor Jahren bin ich auf die Suche nach Dornröschen gegangen, von der ich in einem Buch gelesen hatte. Als ich viele Tage durch die Welt gereist war, habe ich sie endlich gefunden und sehr sanft geküsst, um sie aufzuwecken – wie man es nach dem Buch tun soll. Si eist tatsächlich aufgewacht. Aber als sie mein gesicht gesehen hat, da schrie sie: ‚Ach, der ist ja schwarz!‘ Und sie ist weggerannt und wollte mich nicht heiraten, sondern hat sich irgendwo anders wieder schlafen gelegt. […] Wenn Du mich weiß machst, damit ich zu Dornröschen zurückkehren kann, sollst du die Hälfte meines Königsreiches erhalten und außerdem alles, was du dir wünschst.

Im Nachwort führt Elke Heidenreich zu dieser Stelle auf:

Später im Buch begegnen wir noch dem schwarzen Prinzen Bumpo, der unbedingt weiß werden will, und warum? Weil er Dornröschen wachgeküsst hat, und die dumme Gans hat erschrocken aufgeschrien, als sie sein schwarzes Gesicht sah. Rassistisch? Ja, vielleicht allenfalls dem dämlichen Dornröschen gegenüber, aber als der Doktor eine Salbe anrührt, die sich Prinz Bumpo aufs Gesicht schmiert und von der er tatsächlich hellhäutig wird, sagt Dolittle betrübt: ‚Ich finde, früher hat er besser ausgesehen.‘

Eine komisch-kindliche Darstellung von Schwarz und Weiß kann ich nicht als rassendiskriminierend empfinden.

Also ich schon. Und deswegen haben wir das Buch nicht vorgelesen. In Pipi Langstrumpf (Oetinger Verlag) hingegen wurden alle rassischsten Bezeichnungen entfernt und angepasst, so dass dort heute von „Südseekönig“ und Taka-Tuka-Sprache gesprochen wird. Schade, dass das im Dressler Verlag anscheinend anders gesehen wird.

Weitaus jüngeren Datum sind „Die schönsten Kindermärchen“ von Sophie Reinheimer (1985), indem ich u.a. diese #aufschrei-Stelle fand:

„Er hat recht“, dachte der Sonnenstrahl, „Hochzeit machen ist wunderschön, das allerschönste! Ich werde jetzt auch Hochzeit machen, ich werde mir jetzt auch eine Frau suchen. […]

An demselben Strauche, auf einem grünen Blatte, sah er eine blinkende Tautropfenperle liegen. Die gefiel ihm gleich sehr gut. Als er sie näher betrachtete, funkelte sie in allen Regenbogenfarben – rot, grün, gelb, blau und lila. Das gefiel ihm noch besser.

„Willst Du meine liebe kleine Frau sein?“ fragte er sie. Die Tautropfenperle antwortete nicht, sie zitterte nur ein wenig. Da dachte der Sonnenstrahl: „Das heißt gewiß ‚Ja‘ bei ihr“ und gab ihr gleich einen Kuß. Und dann noch einen – und noch einen…

Ach – du lieber Gott – was war denn das? Bei jedem Kusse wurde die Tautropfenperle ja kleiner. Es war schon fast gar nichts mehr von ihr übrig. Na – da bekam der Sonnenstrahl einen kleinen Schreck“ „Gott bewahre mich!“ dachte er – „eine Frau, die noch nicht mal einen Kuß vertragen kann – nein, die taugt nicht für mich.“

Und dieses Buch taugt nicht für mein Kind, dem ich nicht beiläufig vermitteln möchte, dass sich irgendjemand liebe kleine Frauen sucht, ihre Signale gewiss fehlinterpretiert werden können und ihnen dann auch noch die Schuld gegeben wird.

 

Jüngere Literatur – subtilerer Sexismus/Rassismus

Jüngeren Datums, aber deswegen auch nicht ganz frei von subtilem Sexismus/Rassismus sind die beiden folgenden Bücher:

Paul Maars Bücher sind allseits bekannt, besonders das „Sams“. Sehr schön geschrieben ist auch die Reihe um „Herrn Bello“. Das zweite Buch „Neues von Herrn Bello“, 2006 bei Oetinger erschienen, weist jedoch auch eine befremdliche Stelle über den typischen Franzosen auf, über die wir beim Vorlesen gestolpert sind:

„Wir haben Zeit. Onkel Astor steht bestimmt nicht vor zehn Uhr auf. In unserem Französischbuch gibt es einen Monsieur Dupont, der steht auch erst um zehn Uhr auf. Da ist es allerdings Sonntagmorgen. Aber vielleicht machen das die Franzosen auch werktags.“

Ich persönlich bin großer Fan von A.A. Milnes „Pu der Bär“. Freudig haben wir dann auch David Benedictus „Pu der Bär – Rückkehr in den Hundertsechzig-Morgen-Wald“ gekauft, das 2009 bei Dressler erschienen ist. Darin gesellt sich zu der lustigen Truppe von Christopher Robin, Pu, Ferkel und I-Ah die Otterfrau Lotti als erste weibliche Gestalt in der Gruppe:

Dann eines Tages, von dem einige sagten, er wäre bisher der heißeste, und andere, er wäre überhaupt der heißeste, kam etwas Langes und Schlängeliges und Pelziges und Schnurrbärtiges aus dem, was einst ein Fluss gewesen und was nun kaum mehr eine schlammige Stelle war. „Was“, sagte das braunseidene schlängelige Ding, setzte sich kerzengrade auf und sah sich mit wachen Augen um, „soll denn wohl eine Otterfrau, die auf sich hält, anstellen, wenn sie kein Bad nehmen kann? Und“, fügte sie hochnäsig hinzu, „wenn sie nichts zu essen hat? Oh, là, là?“ […] „Ich heiße Lotti“, verkündete sie. „Seht ihr meinen feinen Pelz, der die Farbe von Silber hat, wenn die Sonne darauf scheint, und von Zinn, wenn der Himmel bedeckt ist? Und seht ihr“, fügte sie hinzu, „meine goldenen Augen und meinen langen Schwanz, den ich „mein Ruder“ nenne? Er wird weithin wegen seiner Länge und Biegsamkeit bewundert. Und hütet Euch“, schloss sie, „vor meiner roten Zunge und meinen weißen Zähnen. Sie sind scharf genug, das kann ich euch versprechen, wenn sie scharf sein sollen.“

Schade, dass ein solches Bild der Frau in ein an ein so schönes Werk anknüpfendes Buch geschrieben wird. Warum muss die Otterdame ausgerechnet diese Eigenschaften haben? Aus den „Pu der Bär“-Büchern ist bekannt, dass die Eigenschaften der Tiere gerne mit Persönlichkeitsstörungen verbunden werden. Doch was möchte der neue Autor uns mit dem neuen Charakter der Otterdame sagen? Frausein als Persönlichkeitsstörung?

 

Buchwahl mit Bedacht

An dieser Stelle ende ich diesen Artikel, obwohl es noch zahlreiche weitere Beispiele gibt. Wählt Bücher für Eure Kinder mit Bedacht aus und überlegt, welche Dinge ihr ihnen übermittelt und mit welchen Geschichten sie groß werden sollen. Denn all diese Geschichten und Charaktere prägen ihr Aufwachsen. Sie sind wichtig für Eure Kinder.

Wenn ich in mir bisher unbekannten Geschichten solche Passagen lese, überspringe ich sie oder gestalte sie um. Bei Dr. Doolittle haben wir aber der Tochter erklärt, dass wir das Buch nicht mehr weiter lesen, weil wir mit der Geschichte nicht überein stimmen.

Vielleicht seht Ihr das anders? Oder fallen Euch weitere Geschichten mit ähnlichen Inhalten ein? Euer Feedback interessiert mich!

12 Kommentare

  1. Ich denke, die Debatte, die auch nach den Revisionen div. Kinderbücher in den letzten Jahren entstand, greift zu kurz. Bücher wie Pippi Langstrumpf, Jim Knopf usw. sind eben Kinder ihrer Zeit – daran ändern Begriffsänderungen (die ich nicht grundsätzlich und im Falle des N-Wortes nicht ablehne) erst mal wenig, vielleicht verschleiern sie kolonialistisches Denken sogar noch. Und: Ist „Südseekönig“ und „Taka-Tuka-Sprache“ nicht immer noch kolonialistisch konnotiert? Zumal die Geschichte, dass Pippis Vater sich selbst zum König einer
    Insel ernennt, die gleiche bleibt, egal ob er N-Wort-König oder
    Südseekönig ist – und das ist Kolonialismus in a nutshell. Gleichzeitig wird bei Pippi mMn die Binnenlogik ihrer Welt ignoriert –
    Pippi nutzt Aussagen über „die Anderen“ immer dazu, gegen die hiesigen
    Verhältnisse zu rebellieren und diese als relativ darzustellen (in
    Südamerika sei das Schulsystem soundso, in Land X lügen sie den ganzen
    Tag – das von einem Mädchen, das sehr viel flunkert). Das Andere ist bei Pippi eine Utopie, eine Idealisierung. Die Frage ist, ob Kinder grundsätzlich diese Nuancen verstehen, da Pippi eben auch ironisch ist (z.B., wenn sie über die armen kleinen Nxxxx-Kinder spricht, die ganz verzweifelt darüber sind, dass sie keine Plutimikation können).

    Ähnlich bei Jim Knopf – der naive Antirassismus und Kolonialismus verschwindet aus diesen Büchern nicht mit ein paar neuen Wörtern. Auch Mandala (ehem. China) ist noch als asiatisches Land zu
    identifizieren, in dem die Menschen vermeintlich radikal anders sind. Der Rassismus und die naive Rassismuskritik in diesem Buch machen aber eine Entwicklung durch. – Leider ist meine Schlussfolgerung dann, es mit diesen Büchern ganz zu lassen. („Leider“, weil eben auch schöne Dinge darin vorkommen – aber wie das alles auseinanderdröseln?)

  2. Ich bin was das angeht, etwas zwiegespalten. Einerseits ist es mein Anspruch an mich selber, historische Geschichten in den Kontext ihrer Zeit zu setzen und meinem Kind diesen Kontext auch zu erklären, andererseits ist das Kind auch noch viel zu jung um überhaupt zu verstehen um was es in den Büchern geht und ich bin deshalb noch nicht in die Situation gekommen.
    Mein Sohn ist jetzt 1,5 Jahre alt und am liebsten zeigt er in seinen Büchern auf alle Arten von Tieren. Damit kann er sich herrlich beschäftigen. In unserem Bücherbestand gibt es mehrere Janosch Bücher, auch den Struwelpeter (der ihn nicht interessiert -> zu wenig Tiere) und die in meinen Augen besonders schlimme Struweliese (die ihn interessiert, eine Seite des Buchs hat Bauernhoftiere). Trotzdem nervt es mich jedesmal wenn er das Buch anschleppt und ich habe schon darüber nachgedacht es wegzulegen, bin aber unsicher ob er es vermissen wird. Einfach weil ich die Aussagen des Buches (Ordnung und Gehorsam um jeden Preis) derartig platt und falsch finde, dass ich keine Lust habe, es anzugucken.
    Ich bin gespannt ob ich, wenn ich wirklich endlich vorlesen kann, problematische Inhalte erkläre, überspringe oder umdeute.

  3. Daniela Schramm

    Ich habe mit meinen Eltern die Grimms Märchen in der Originalfassung gelesen und geliebt und auch viele andere Bücher, die in den 70er Jahren so aktuell und „unzensiert“ waren…davon gab es seinerzeit noch eine ganze Menge! Und ich möchte behaupten, dass auch dieses Buchgut keinen Schaden in meiner Persönlichkeitsentwicklung angerichtet hat, im Gegenteil, es gibt eben Zeiten und Einflüsse, die andere Werte vermitteln – aber dass ich sie deswegen aussortieren würde ? Ein Blumenstrauß besteht ja auch nicht immer nur aus Blumen, die wir mögen und farblich in unser Wohnzimmer passen, aber er kann trotzdem schön anzusehen sein – je nachdem, wie man auf ihn schaut …

    • Ich finde, es gibt aber auch einen deutlichen Unterschied zwischen Grimms Märchen und der Darstellung von Gut und Böse und rassistischen oder sexistischen Geschichten. Ich würde das an dieser Stelle nicht in einen Topf werfen, obwohl es von Geschichte zu Geschichte sicher auch Überschneidungen geben kann.

      • Sabrina

        Da kennst du die urfasungen nicht. die sind teils erotisch und sexistisch im frauenbild ohne ende. Schöner artikel ist hier: http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article13823696/Erstausgabe-von-Rapunzel-war-so-gar-nicht-jugendfrei.html

        Sie wurden nur auch so verändert das sie Kindern vorgelesen werden können.

        Aktuell ist Struwwelpeter bei meinen 4 Jährigen hoch in Kurs. ich hatte das buch gut versteckt, leider nciht gut genug, er hinterfragte die Bilder, anfangs erzählte ich mit eigenen Worten, jetzt lese ich es so vor und er kennt die reime auch schon. Er mag Paulinchen und die Katzen sehr und sagt immer das man nciht mit feuer spielen darf. Krass ja, aber mir haben die geschichten auch nicht geschadet. Einiges kann ich nciht nachvollziehen, das mit den N-Wort vielleicht ja, aber es gibt 100andere sachen um es zu umschreiben, statt wie bei Pippi. Aber ich glaub das sieht da auch jeder anders.

  4. Ich gebe Dir vollkommen Recht. Das Beispiel mit Pipi Langstrumpf habe ich hier angeführt, um zu verdeutlichen, dass in dem Verlag immerhin eine Art des Umgangs damit geführt führt und es nicht wie bei Dr. Doolittle „schön geredet“ und verharmlost wird.

  5. weib yvonne

    ich lese leidenschaftlich gerne vor, habe inzwischen auch meinen (vorher sehr lesefaulen)mann angesteckt und meine beiden söhne(6 und bald 4) haben riesenspass an max und moritz und struwelpeter und allerlei abenteuergeschichten(aktuell drache kokosnuss) und märchen.

    sie können sehr genau auseinanderhalten, was heute noch ginge(brücke zersägen – jedoch verboten ist) und was eben nicht geht(hühner mit der angel).

    puh & co. war bei uns noch nie auf der liste, da kann ich nicht ran(es wird auch solcherlei zeugs nicht eingekauft).

    ich glaube, wenn normaler umgang/bezeichnung/anrede der mitmenschen vorgelebt wird, lernen/verstehen kinder durchaus, was richtig ist.
    meine beiden großen kinder(21 und 20)jedenfalls bekamen ähnliche lektüre vorgelesen und sind nicht rassistisch.

    änderungen in den texten im nachhinein finde ich völlig daneben – denn die texte sind im kontext ihrer entstehungszeit zu betrachten und kunstwerke – wem steht es zu, diese zu ändern, nur weil jetzt andere begriffe aktuell und angemessen erscheinen?!
    in 10 jahren hat sich wieder etwas geändert, dann wird wieder umgemauschelt?!

    nein, danke. wirklich nicht!

    frohes vorlesen und vorleben noch 🙂

  6. Märchen finde ich weniger problematisch weil sie ein ganz scharf umrissenes Bild von Gut und Böse zeichnen und das Gute dabei immer siegt. Da wird dem Bösen Wolf der Bauch aufgeschnitten und das Rotkäppchen wieder herausgeholt. Logisch für kleine Kinder.

    Schlimmer finde ich unreflektierte Rollenklischees, pinkglitzernde egozentrische Prinzessinnen oder Heul-Situationen in Büchern zum Thema Kindergarten. Aber auch hier macht es die Mischung. Man kann ja wohl kaum daheim bleibende Mütter aus den büchern verbannen, die gibt es doch ebenso gleichberechtigt wie arbeitende Mütter.

    Ich lehne auch kategorisch Merchandisin-Bücher ab. Was auf Tshirts, Tassen, als spielzeug und Trickfilmen daher kommt, das taugt selten als gute kindgerechte Literatur.

    Wichtig finde ich auch die sprachliche (bei Bilderbüchern visuelle) Vielfalt und originaltreue. Vögel, das sind keine bunte Phantasieflattertiere, sondern Raben, Amseln, Rotkehlchen. Ich hab ein paar alte Tierbücher aus dem Pestalozzi-Verlag, da lebt die Wiese voller Vielfalt. Wiesenschaumkraut, Mistkäfer etc.

  7. Ja, ich sehe das anders. 🙂 Wohl sehr anders als du. Ich bin eine junge (21) und durchaus moderne Frau, aber es gibt so einige (gesellschaftliche) Entwicklungen und Trends, die ich für vollkommen überflüssig halte und die mir gehörig auf die Nerven gehen. U.a. gehört da das ganze „ge-Gendere“ dazu, aber eben auch dieses übertriebene „political correctness“ (ich nenne es jetzt mal so, da mir kein passenderer Begriff einfällt).
    Die Korrekturen und Anpassungen in „Pipi Langstrumpf“ bspw. finde ich furchtbar. Da wird immerhin in das Werk einer Autorin eingegriffen. Auch an den anderen Buchstellen, die du hier genannt hast, kann ich nicht’s schlimmes finden (die Reinheimer-Geschichte würde ich da vllt. ausklammern). Was den Dr. Doolittle angeht, ist das für mich der gleiche Fall wie bei Pipi: Diese Bücher stammen aus einer komplett anderen Zeit, in der es vollkommen normal war, „Neger“ zu sein und in der Schwarze diskriminiert wurden. Ich sage nicht, dass ich das gut finde, natürlich nicht. Aber ich meine, dass man Kindern das altersgerecht erklären kann, dass sie das verstehen können, dass man damals schwarze Menschen als Neger bezeichnet hat und dass man das heute nicht mehr tut (vereinfacht ausgedrückt). Das sind ja keine Bücher, die man Klein(st)kindern vorliest, aber ich denke, im KiGa, mit 4, 5 Jahren kann man das Kindern schon begreiflich machen. Und gerade die Bücher dann eben zum Anlass nehmen, so etwas zu erklären.

    Was die Franzosen-Stelle betrifft: Da verstehe ich ehrlich gesagt gar nicht, was du hast. Bei den meisten Franzosen beginnt der Tag später als hier in Deutschland. Natürlich ist 10 Uhr übertrieben, aber welche Erzählung arbeitet denn nicht mit Ironie, Übertreibungen, usw. Ist das jetzt in irgendeiner Form diskriminierend, über jemanden zu sagen, er stehe erst um 10 Uhr auf? Wenn die Kinder dann fragen, ob das stimme, kann man ihnen doch erklären, dass in dem Buch ein wenig übertrieben wurde.

    Zur Otterfrau: Die Stelle empfinde ich ganz anders als du. Ich meine nicht, dass damit gezielt die Persönlichkeit der FRAU beschrieben wird, sondern eher des Otters. Ein Ottermann hätte doch auch tolles, glänzendes Fell oder nicht?
    Aber da gehen Empfindungen natürlich auch weit auseinander.

    Ich habe übrigens auch als Kind den Struwwelpeter vorgelesen bekommen/gelesen/angeschaut, auch meine (jüngeren) Brüder und keiner von uns hat bleibende Schäden davongetragen.
    Ich meine, es kommt immer darauf an, wie man als Eltern so etwas kommentiert. Klar, werden Kinder auch durch die Geschichten geprägt, die sie erzählt und vorgelesen bekommen, aber im Regelfall spricht man doch nach dem Ende auch noch gemeinsam darüber. Kinder stellen Fragen zur Geschichte, wenn nicht, kann man als Eltern Fragen stellen – und so die Geschichte kommentieren und eben Dinge wie bspw. den Begriff Neger kind- bzw.altersgerecht erklären. Ich finde es nämlich auch durchaus wichtig, Kindern solche Entwicklungen nahe zu bringen.

    Wer es natürlich gar nicht über’s Herz bringt, solch ein Buch vorzulesen, der lässt es eben bleiben. Letztlich ist das ja alles eine persönliche Entscheidung und hat ganz viel auch damit zu tun, wie man selbst etwas empfindet.
    Allerdings finde ich es, wie bereits gesagt, ein Unding, dass ein Verlag einfach so Korrekturen an einem Buch vornehmen kann/darf.

  8. Ich finde es toll, dass Ihr bei Euren Kindern darauf achtet was genau ihr vorlest.
    Allerdings kann ich die Stelle mit den Franzosen nicht ganz nachvollziehen. Es geht doch um eine Vermutung die sein KÖNNTE. Typisch deutsch/englisch/französisch etc. finde ich persönlich nicht schlimm, wenn es um so harmlose Dinge geht.

    Stuwwelpeter besitzen wir allerdings auch & es wird sehr gerne angeschaut. Jetzt finde ich die Geschichten teilweise ganz schön brutal, doch wir haben sie als Kind geliebt. Ich mag den lehrreichen Hinterfrund der Geschichten sehr, ob ich sie nun direkt so vorlesen würde oder in meinen eigenen Worten erzähle, weiß ich allerdings nicht. Wir sind mit 27 Monaten noch in der „Kind erzählt das Buch“-Zeit.
    Was wir allerdings nicht lesen ist z.b. Janosch. Zu Beginn hatten wir zwei Bücher gekauft und direkt in den ersten Geschichten kamen schon Stellen vor, die nichts in einem Kinderbuch zu suchen haben.
    Und Bücher in denen Tiere etc. sehr phantasievoll verändert werden & somit nicht ansatzweise der Realität entsprechen gibt es bei uns auch nicht 🙂

    Danke für diesen Artikel, Du hast mich dazu inspiriert selbst über Struwwelpeter, Janosch & Co. zu schreiben.

  9. Bettina M. Kreissl Lonfat

    Eine tolle Debatte und eine wichtige Sache in der man sich reflektieren sollte. Jedes Elternpaar, jede Mutter und jeder Papa muss das für sich selbst entscheiden.

    Die genannten Beispiele finde ich besonders prägnant, weil gerade wir Eltern, die jetzt in den 30ern sind an der eigenen Geschichte erfahren haben, wie sich die Blickrichtung und die Wahrnehmung geändert haben. Wir sind alle noch mit den ‘alten’ Versionen aufgewachsen und mussten selbst, in uns und in der Gesellschaft erkennen, wie verletztend solche Geschichten wirken können.

    Ich habe noch eine andere Gegenfrage, die hierzu passt: was ist denn mit Kinderbüchern, die Deinen Erziehungsprinzipien entgegenlaufen?

    Mir begegenet das besonders direkt bei sogenannten Erziehungsbüchern, die den Kindern das ideale Verhalten vorzeigen. Ein Verhalten, das auf die traditionelle Erziehung zurückgeht und dabei spielen mir diese Bücher, aber auch Cartoons etc. völlig entgegen. Kennst Du das auch, Susanne?

  10. also ich habe als kind sehr gerne dr. doolittle gelesen. und ich muss sagen, ich kann mich nicht einmal annähernd mehr an den inhalt erinnern. ich weiß noch, wie das buch aussah, aber das ist auch alles. ich bin keineswegs rassistisch oder ähnliches. mich hat dieses buch nicht negativ beeinflusst. ich bin der meinung, dass kinder nicht alles so tiefgründig hinterfragen wie ihre eltern das manchmal vielleicht tun.

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