Die Fähigkeit zur Empathie macht uns Menschen aus. Sie ist es sogar, die uns erst zu dem hat werden lassen, was wir sind. Sarah Blaffer Hrdy beschreibt ausführlich, dass wir erst zu dem geworden sind, was wir heute sind, weil wir soziale Wesen waren, weil wir auf andere achteten und in Gemeinschaft lebten. Unser Leben ist darauf ausgerichtet, dass wir uns anderen mitteilen. Auch die Neurobiologie hat ihren Beitrag zu diesem Verständnis geliefert, indem Forschungen über Spiegelneurone bestätigen, wie schon Neugeborene ihr Gegenüber wahr nehmen und spiegeln, wie wir von unserer Grundausstattung darauf ausgelegt sind, andere zu verstehen und uns in sie hinein zu versetzen. Für Kinder ist Empathie ein ganz besonders wichtiger Faktor in ihrem Leben. Sie erwarten Empathie von uns und sind selbst anderen gegenüber wesentlich empathischer als wir Erwachsene. Sueli Menezes und Annika Siems haben diesen Grundstein der menschlichen Entwicklung nun in einem Kinderbuch umgesetzt: Der allerbeste Papa.
Die Geschichte dieses Kinderbuches handelt von einem kleinen Indianer, der am Amazonas lebt. Um seinen Freunden zu imponieren, möchte er auf der nächsten Angelfahrt mit seinem Großvater einen besonders großen Fisch mit zurück ins Dorf bringen. Tatsächlich geht nach einigem Warten auch ein großes Exemplar ins Netz. Nur, dass dieser Fisch ein männlicher Aruana ist. Dieser Seerosenfisch trägt seine Kinder einen ganzen Monat in seinem Maul, um sie vor Gefahren zu schützen. Würden sie ihn mitnehmen, würden sie gleichzeitig auch alle seine Kinder töten, die er bei sich trägt. Und sie sind es, die die Mücken fressen, die Krankheiten übertragen. Der Großvater überlässt seinem Enkel die Wahl: Mit dem großen Fisch bei seinen Freunden Eindruck schinden oder Fisch und Kinder überleben lassen?
Sueli Menezes, Autorin und selbst Amazonas-Kind, unterstützt seit Jahren u.a. Straßenkinder im Amazonasgebiet und setzt sich mit diesem Buch auch für den Naturschutz ein. Doch mindestens ebenso wichtig wie die Sorge um den Aruana-Fisch ist das dahinter liegende Thema der Empathie für Kinder: Beim Vorlesen erfahren sie die Geschichte um den kleinen, ausgelachten Indianerjungen, der trotz seines Wunsches nach Anerkennung mitfühlt und sich dagegen entscheidet, den Fisch aus seinem Naturraum zu reißen und ihn und seine Kinder zu töten. Annika Siems hat diese ruhige Geschichte in passende Bilder verpackt und mit dezenten Farben und sanften Bildern die Bedeutung unterstrichen. So entsteht ein für den minedition-Verlag sehr typisches Kinderbuch mit wichtigem Inhalt, das aufwändig und ansprechend gestaltet ist. Ein schönes Buch, um bei Kindern Artenschutz und Einfühlungsvermögen zu thematisieren.