Tag: 13. Dezember 2017

Ruhephasen im Weihnachtsstress – 14 Tipps gegen die Anspannung

Es ist nicht mehr lang bis Weihnachten. Familienfeiern stehen auf dem Programm, Festessen, die zubereitet werden wollen. Die Wohnung will im weihnachtlichen Glanz erstrahlen und Geschenke müssen noch verpackt werden. Und ganz nebenbei gibt es auch noch die Erwartungen: dass es eben schön wird, dass Kinderaugen strahlen. Auch die Kinder sind schon freudig aufgeregt und fiebern dem großen Tag entgegen. In vielen Familien herrscht nun eine spannungsgeladene Luft. Deswegen ist es so wichtig, Ruhepausen einzulegen und ein wenig aus der Spannung heraus zu nehmen – für sich selbst, aber auch für die Kinder. Stress verursacht oft negatives Verhalten – genau das Gegenteil von dem, was wir uns eigentlich gerade wünschen.

Die Anspannung steigt: der Weihnachtscountdown

Weihnachten ist ein besonderes Fest für Kinder, denn schon Wochen vorher wird eine Spannung aufgebaut – meist mehr als beim eigenen Geburtstag. Die Tage bis zum großen Fest werden gezählt. Ob „nur“ jeden Tag ein Bildchen im Bilderkalender freigelegt, eine Kerze mehr auf der Adventsspirale angezündet oder jeden Tag ein Geschenk ausgepackt wird: Wie auch immer wir in unserer Familie die Zeit bis zum Fest abzählen, ist es immer ein Countdown, der Spannung aufbaut beim Kind. Es erfährt: Mit jedem Tag nähern wir uns einem großen Ereignis. Natürlich spürt es auch, dass die Anspannung bei den Eltern steigt, wenn sie im Vorweihnachtsstress sind und noch Geschenke und andere Besorgungen erledigen müssen und sich sorgen, etwas zu vergessen. Vielleicht steigt auch die Anspannung, wenn die Feier im Familienkreise eher ungeliebt ist und Elternteile dem großen Fest ein wenig bange entgegen sehen, weil es wieder viele Fragen und gut gemeinte Ratschläge geben wird. Auch dies spürt das Kind oft.

Noch verstärkt wird die Aufregung, wenn das Kind dem Fest sowohl freudig, als auch bange entgegen sieht: Der Wunschzettel ist geschrieben, aber werden die Wünsche auch erfüllt? Sicherlich kann nicht jeder Wunsch auf den mitunter langen Listen Beachtung finden. Aber manches Kind fürchtet die Nichterfüllung nicht ob der Länge des Wunschzettels, sondern wegen vermeintlich „schlechtem“ Verhalten, das der Weihnachtsmann mit weniger Geschenken bestrafen könnte. Strafen sind generell keine sinnvollen Methoden, um das Verhalten von Kindern zu beeinflussen. Auch solche, die uns als „logisch“ erscheinen, sind nichts anderes als eben Strafen, die das Kind beschämen und herabwürdigen. Auch die Androhung einer Strafe durch den Weihnachtsmann, diesem ohnehin schon mächtigem und übernatürlichem Wesen, ist eben nichts anderes als die Androhung einer – wenn auch auf eine andere Person übertragene – Strafe.

Kinder in der Anspannung

In der frühen Kindheit hören wir immer wieder, wie wichtig es ist, das Kind auf Situationen vorzubereiten. Rituale helfen Kindern, immer gleich bleibende Abläufe wahrzunehmen und zu wissen, was als nächstes geschieht. Unsere Sprache hilft dem Kind, sich auf kommende Handlungen vorzubereiten, beispielsweise beim Wickeln wenn wir dem Kind die Handgriffe vorher schon sprachlich mitteilen. Kinder sind es gewohnt, von uns vorbereitet zu werden. Nur Weihnachten macht hier oftmals eine Ausnahme, die je nach Alter und Temperament des Kindes zu Konflikten führen kann.

Zauber und Geheimnisse gehören zur Weihnachtszeit dazu und auch zum großen Fest. Wichtig ist jedoch, dass wir uns als Eltern bewusst sind, dass diese Anspannung sich auch Platz machen kann. Wird die Anspannung zu groß, zeigen unsere Kinder das. Sie sind noch klein und es ist schwer, mit Anspannung umzugehen. Manchmal sind die Reaktionen nicht zuzuordnen: das Kind ist unruhig und laut oder es scheint bei den kleinsten Ereignissen „zu explodieren“. Viele Eltern berichten davon, dass gerade in den Wochen vor Weihnachten das Verhalten der Kinder „schwierig“ sei. Manchmal entlädt sich die lang angestaute Spannung auch direkt beim Weihnachtsfest – ein Kreislauf der negativen Folgen kann entstehen, wenn Eltern nun auch noch negativ reagieren, weil sie davon zusätzlich gestresst sind.

Gedanken zum Entschleunigen

Natürlich können – und sollen – wir nicht alle Aufregung aus dem Weihnachtsfest entfernen, denn sie ist auch wunderbar und zauberhaft und unsere Kinder lernen auch daraus, mit Spannungsmomenten umzugehen. Aber wir können überlegen, an welchen Punkten wir mehr Ruhe einbinden und Druck und Anspannung für uns und unsere Kinder heraus nehmen, wenn es zu viel wird. Solche Aspekte können sein:

  1. Weihnachten ist ein Fest der Besinnlichkeit – manchmal vergessen wir das vor lauter Geschenken, Dekoration und Planungen. Wenn wir ab und zu an „Zeit statt Zeug“ denken, können wir uns wieder neu fokussieren. Es geht nicht darum, viele Tage gestresst einen einzigen Tag vorzubereiten, sondern viele Tage schön zu verbringen und einen zu feiern.
  2. Keinen Geschenkestress aufbauen: Oft ist es anstrengend, nach dem genau richtigen Geschenk zu suchen und es erscheint fast falsch, einfach nach dem zu fragen, was andere sich wünschen, weil es weniger kreativ erscheint. Es kann den Weihnachtsstress aber enorm verringern, einfach nachzufragen und gezielt zu schenken. – Oder sich zu verabreden, Erwachsenen nichts zu schenken oder nur gemeinsame Aktivitäten…
  3. Keine Ängste aufbauen, keine Bestrafungen durch den Weihnachtsmann oder das Christkind androhen.
  4. Umgebe Dich mit Menschen, die Dir gut tun – auch bei Weihnachtsfeiern.
  5. Das Kind auf das Fest und die Abläufe vorbereiten: Der Weihnachtsabend kann besprochen werden, Bilderbücher über das Fest können betrachtet werden.
  6. Kekse backen, Weihnachtsmärkte besuchen, Weihnachtsfeiern in Kitas und Schulen, Besuche von Weihnachtstheaterstücken – gerade in der Vorweihnachtszeit kann der Freizeitstress enorm werden. Wie wäre es mit einer Liste aller Aktivitäten und jeder kann zwei Termine auswählen, die ihm persönlich besonders wichtig sind.
  7. Mit Kindern sprechen: Wunschzettel beinhalten Wünsche, die eventuell nicht alle erfüllt werden.
  8. Ideen für Notfall-Pausen: Wenn es doch zu viel wird, muss die Notbremse gezogen werden. Sowohl für den Vorweihnachtsalltag als auch direkt für das Fest sollten wir Beruhigungsstrategien haben, um schwierige Situationen zu meistern: Wo kann ich mich auf einem Familienfest zurückziehen (mit Kind)?
  9. Mit dem Partner/der Partnerin vorab klären: Erwarte ich schwierige Situationen mit anderen Familienmitgliedern? Wie kann ich mich/kann der andere Elternteil mich schützen?
  10. Kinder zuerst! Ob beim Essen, beim Geschenkeauspacken oder anderen Besonderheiten: Kinder haben nicht ewig Geduld und müssen es auch nicht gerade an einem Feiertag lernen.
  11. Achtung Weihnachtsmänner: Viele Kinder haben Angst vor dem Mann mit dem Bart. Gerade in der Fremdelphase aber auch bei sensiblen Kindern sollte darauf Rücksicht genommen werden, wenn sie nicht mit dem Weihnachtsmann sprechen wollen. Ist bekannt, dass das Kind empfindsam ist, sollte man die Bescherung mit dem Weihnachtsmann lieber direkt weg lassen und ganz auf den Zauber der Weihnacht setzen. Kinder sollten nie dazu gezwungen werden, mit dem Weihnachtsmann reden zu müssen oder sich gar auf seinen Schoß zu setzen oder hochgenommen zu werden.
  12. Nicht nur der Weihnachtsmann kann Kinder ängstigen. Empfindsame Kinder können auf Familienfeiern durch die vielen Reize schnell überfordert werden. Es ist gut, vorher mit Verwandten abzuklären, wie das Kind einbezogen wird und dass es – um den Abend für alle entspannt zu gestalten und weinen vorzubeugen – nur dann auf andere Arme geht und mit anderen spielt, wenn es das selber möchte und entsprechende Signale zeigt.
  13. Weihnachtsabende sollten an den Bedürfnissen des kleinsten Teilnehmers/Teilnehmerin ausgerichtet sein.
  14. Das Kind wütet beim Fest: Es hilft nichts, nun zusätzlich in Stress zu geraten, denn so entsteht ein negativer Kreislauf. Besser ist es, die anderen Personen um Verständnis zu bitten.

Was sind Eure Tipps für eine entspannte Vorweihnachtszeit und ein ruhiges Fest?
Eure

Zur Autorin:
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkt Kleinkindpädagogik) und Familienbegleiterin. Sie arbeitete an der FU Berlin in Forschung und Lehre, bevor sie sich 2011 im Bereich bedürfnisorientierte Elternberatung selbständig machte. Ihr 2012 gegründetes Blog geborgen-wachsen.de und ihre Social Media Kanäle sind wichtige und viel genutzte freie Informationsportale für bedürfnisorientierte Elternschaft und kindliche Entwicklung. Susanne Mierau gibt Workshops für Eltern und Fachpersonal und spricht auf Konferenzen und Tagungen über kindliche Entwicklung, Elternschaft und Familienrollen.

Foto: Ronja Jung für geborgen-wachsen.de