Ich erinnere mich noch gut an mein Studium und daran, wie wir einmal in einer Vorlesung „Das Andere“ behandelt haben: Warum Menschen vor dem Anderen Angst haben, wie sie damit umgehen und wie man einen guten Umgang unterstützen kann. Ich las damals in einem Text von Prof. Christoph Wulf
Wenn die Frage nach dem Anderen die Frage nach dem Eigenen und die Frage nach dem Eigenen die Frage nach dem Anderen beinhaltet, dann sind Prozesse der Verständigung zwischen Fremdem und Eigenem immer auch Prozesse der Selbstthematisierung und Selbstbildung.
Diese Aussage hat mich lange bewegt und ich erinnere mich noch heute an sie. Denn sie begleitet mich darin, wie ich mit meinen Kindern über „das Andere“ spreche. Denn von anderen Dingen erfahren sie viel: Die Freundin der Tochter hat eine andere Hautfarbe als sie selbst, Kindergartenfreunde kommen aus anderen Ländern und essen dort anderes Essen, das die Eltern an den Elternkochtagen mit in den Kindergarten bringen. Sie erfahren, dass es Familien gibt, in denen es nur einen Erwachsenen gibt oder auch, dass Eltern auch einfach das gleiche Geschlecht haben können. Um uns herum gibt es viel Anderes als bei uns zu Hause und all dieses andere gibt ihnen die Möglichkeit, sich ein Bild von der Welt zu machen und sich gleichzeitig damit zu beschäftigen, wie es bei ihnen ist. Das Andere ist wichtig und wunderbar. Es ist aufregend und regt an zu Gedanken, zu Spielen und Fragen.
Dies ist die Basis davon, wie wir „das Andere“ generell betrachten, wie wir im Alltag damit umgehen. Und dann gibt es Momente, in denen dieses „Andere“ auf einmal ganz nah heran tritt in einer Form, in der es nicht so einfach ist, damit mit Kindern umzugehen. Wie berichtet man ihnen von Leid, von Krieg, von Flüchtlingen? Dass es auch so furchtbar sein kann?
Wir haben über den Krieg gesprochen, darüber, wie schlecht es anderen geht, besonders auch Kindern. Ich bin mit den Kindern zum LaGeSo gefahren, habe dort das hin gebracht, was wir nicht benötigen und andere so dringend brauchen. Lange hat die Tochter sich dort die Kinder und anderen Menschen angesehen. Es hat sie bewegt, auch wenn sie lange dazu schwieg. Sie hat sich Gedanken gemacht, sich damit auseinander gesetzt. Kinder, die nichts hatten als das, was sie am Körper hatten. Und auch das war nicht viel. Sie verstand: Anderen Menschen geht es schlecht und wir können ihnen helfen. Und eine Hilfe kann manchmal einfach ein paar Schuhe sein. Auch der Sohn setzte sich auf seine Weise damit auseinander.
Viel haben wir persönlich nicht, das wir spenden konnten, denn die Kindersachen, die zu klein geworden sind, verkaufe ich eigentlich regelmäßig auf dem Flohmarkt oder gebe sie an Freunde weiter. Doch als ich die Kinder dort sah, war klar, dass ich ihnen mehr geben möchte als diese wenigen Stücke. Ich wollte ihnen gerne helfen. Deswegen schrieb ich verschiedene Firmen an, mit denen ich zum Teil auch früher schon Aktionen gemeinsam geplant hatte und das Feedback war meistens sehr gut. Das schwedische Modelabel Me&i schickte mir einen riesigen Karton mit Baby-, Kinder- und Frauensachen zu. Tausendkind beteiligte sich ebenfalls mit Kleidung, Schuhen und Spielzeug. Made with love schickte ein Paket mit Babybodys. Aufgeregt räumten die Kinder mit mir die Kisten aus, sortierten vor für die Lagerräume, in die die Sachen kommen sollten. Natürlich gab es viele „Oh, das sieht aber toll aus!“ Ausrufe. Aber es gab keine Bitte, auch nur ein einziges Teil selber zu behalten. Sie wussten, dass es für einen anderen Ort bestimmt war und für Kinder, die es dringend brauchten.
Auch in den nächsten Tagen erwarte ich weitere Spendenlieferungen. Nicht nur Kleidung wird benötigt, auch Trinkflaschen und Dinge für den Alltag. Die Spenden bringe ich zu Kreuzberghilft, wo meine liebe Bloggerinnenkollegin Mareice ganz tatkräftig arbeitet. Auch Ihr könnt helfen: Spenden an Heime und Sammellager bringen, Geld spenden für Dinge, die dringend benötigt werden. Unterstützung ist an vielen Stellen gesucht: Freiwillige HelferInnen, wie auch Jana vom Hebammenblog oder Anja von Von guten Eltern zu berichten wissen. Fernweh mit Kids hat eine Liste mit regionalen und überregionalen Hilfangeboten zusammengestellt. Auch Mama notes hat eine lange Liste mit weiteren Informationen.
Und wenn ihr nicht Geld oder Materialien spenden könnt, ist es auch eine Hilfe, mit Euren Kindern zu sprechen. Ihnen einen guten Umgang zu ermöglichen und sie für Empathie zu sensibilisieren. Matchboxpeople ist ein Bastelprojekt für Kinder, das einen solchen Einstieg schaffen kann.
Eure