Tag: 9. April 2014

Über Coworking mit Kindern, Hausarbeit und den ganz normalen Alltag

Schreibtisch

Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist immer wieder ein großes Thema für alle Familien, mit denen ich Kontakt habe. Und auch bei mir macht dieses Thema natürlich nicht Halt. Früher, vor den Kindern, war ich einmal angestellt. Ich hatte ein kleines Büro, in dem ich täglich saß oder ich war auf Dienstreisen. Ich arbeitete und danach hatte ich frei. Es gab Urlaub und wenn ich krank war, war ich krank und lag im Bett. Schon damals kam mir aber der Gedanke, dass das vielleicht nicht immer so laufen wird, wenn ich erst einmal Kinder habe.

Kinder verändern  das Leben

Nun bin ich Mutter von zwei Kindern und diese Berufserfahrung liegt  6 Jahre zurück. Ich habe mich für ein anderes Modell der Arbeit entschieden, das mir und meinen Vorstellungen von Arbeit und Familie näher kommt. Dabei bin auch ich nicht mehr so tiefenentspannt, wie ich es früher einmal war. Auch wenn mein derzeitiges Arbeitsmodell besser zu mir passt, habe ich insgesamt einfach mehr Aufgaben als früher. Egal was für eine super Arbeit ich auch hätte, ich müsste trotzdem mehr Wäsche waschen und zusammenlegen, Spielzeug aus dem Weg räumen, mehr kochen und mehr spielen als ich es früher tat – auch wenn ich mir die Aufgaben mit meinem Partner teile. Das Leben verändert sich eben mit Kindern. Diese Veränderung müssen wir hinnehmen und uns drum herum das Leben so bauen, dass es auch weiterhin schön ist.

Mein Arbeitsmodell

Als der Sohn geboren wurde, war klar, dass ich erst einmal zu Hause bleiben würde. Wie lange dieses “erst einmal” aussehen würde, war mir anfangs noch nicht klar. Vor der Schwangerschaft hatte ich mich gerade selbständig gemacht mit einer eigenen Praxis und der Sohn trat recht überraschend in mein Leben. Ich hatte gerade mein erstes Buch veröffentlicht und wollte meinen selbständigen beruflichen Weg weiter ausbauen. Doch schon ein Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft erinnerte mich daran, dass manche Pläne eben vom Leben vereitelt werden. Die Tochter war noch in einer großartigen Tagespflegeeinrichtung und wechselte kurz vor der Geburt des Sohns in einen Kindergarten, aus dem wir sie schnell wieder heraus nahmen,weil die Rahmenbedingungen dort einfach haarsträubend waren. So war ich erst einmal mit zwei Kindern allein zu Hause bis die Tochter einen wirklich guten Kindergartenplatz bekam. Und weil der Sohn u.a. aufgrund der schlechten Erfahrungen, die wir im anderen Kindergarten machten, erst einmal zu Hause bleiben sollte bis zum 3. Geburtstag, musste ich mein Arbeitsmodell überdenken.

Schließlich nach vielen Überlegungen kam ich zu einer Art Hausarbeitsmodell: Ich bin berufstätig, obwohl eines meiner Kinder nicht institutionell betreut wird. Wie das geht? Ich nutze insbesondere die Schlafenszeiten meiner Kinder und das Wochenende für die Arbeit. Hauptbestandteile meiner Arbeit ist das Schreiben und meine Gruppen- und Einzelberatungen. Das Schreiben kann ich wunderbar zu Hause erledigen, insbesondere wenn die Kinder schlafen. Kernarbeitszeiten sind daher der Mittagsschlaf (ca. 2 Stunden) und der Abendschlaf (ebenfalls ca. 2 Stunden). Innerhalb dieser 4 Stunden entstehen Ebooks, Blogartikel, Vorträge. Am Wochenende leite ich Workshops oder mache Hausbesuche. In dieser Zeit werden die Kinder von ihrem Vater betreut und machen meistens spannende Ausflüge. Natürlich nicht das ganze Wochenende über, denn wir haben auch ausreichend Familienzeit gemeinsam.

Der Alltag braucht vor allem eines: Struktur

Die Idee für diese Art des Arbeitens ist nicht über Nacht gekommen und hat auch nicht gleich problemlos funktioniert. Sie ist zu dem erst herangewachsen und hat mich einiges gelehrt darüber, wie man mit Kindern zu Hause arbeiten kann. Der wichtigste Eckpfeiler von allen Dingen ist eines: Struktur. Meine Tage sind sehr genau durchgeplant, damit alles so funktionieren kann, wie es soll. Wenn die Kinder morgens zwischen 6 und 7 Uhr aufwachen, ist der Mann für das Frühstück zuständig und ich räume in dieser Zeit schon einmal Wäsche in die Waschmaschine und/oder den Trockner, räume Spielsachen aus dem Weg, lege den Kindern ihre Kleidung zurecht, helfe beim Waschen und Anziehen. So können wir gemeinsam frühstücken und dann spätestens um 8 Uhr alle aus dem Haus gehen. An 3 Tagen bringt der Mann die Tochter in den Kindergarten, an 2 Tagen übernehme ich das und gehe anschließend mit dem Sohn zusammen zu dem Spielkreis, den ich zweimal wöchentlich leite. An den restlichen drei Tagen, die ich nicht auswärts arbeite, gehe ich vormittags einkaufen und räume auf, putze und wasche, spiele und bastle mit dem Sohn. Während des Mittagsschlafs  arbeite ich an meinen schriftlichen Dingen oder bereite Workshops und Vorträge vor. Nach dem Mittagsschlaf wird meistens gegessen (manchmal auch davor), dann hole ich mit dem Sohn die Tochter ab. Der Nachmittag gehört dann meistens ganz den Kindern und ich versuche, wenig Hausarbeit hier unterzubringen oder sie gut einzubeziehen. Das Abendessen wird oft zusammen mit den Kindern  zubereitet, danach geht es ins Bett und ich arbeite noch einmal bis 22 Uhr, um dann eine Stunde mit meinem Partner zu verbringen.

Notizen machen

Auf meinem Schreibtisch liegen zwei Kalender: Einer für die berufliche Wochenplanung, insbesondere für die Planung meiner Artikel und Workshops, einer für die privaten Dinge. Wann immer mir eine Aufgabe oder Erledigung einfällt, schreibe ich sie auf: Geschenke für Kindergartenfreunde kaufen, wichtige Telefonate führen und und und. Denn oft kann ich nicht direkt auf eine Mail antworten oder gehe nicht ans Telefon, wenn angerufen wird. Ideen für Blogartikel, die mir zwischendurch einfallen oder die ich als Anfragen zugeschickt bekomme, werden auf Klebezetteln notiert. Am Abend schreibe ich mir wichtige Dinge auf, die am nächsten Tag unbedingt erledigt werden müssen. Leider vergesse ich trotzdem ab und zu Dinge, versende Post zu spät oder vergesse den Geburtstag einer Freundin. Aber bei aller Planung und allen Notizen bin ich einfach auch ein Mensch.

Notfalldinge

Für den Fall, dass ich etwas Wichtiges vergessen habe, gibt es noch die Notfalldinge: Zum Beispiel habe ich eine geheime Geschenkekiste, in der sich immer Notfallgeschenke für Kinder befinden für den Fall, dass ich einen Geburtstag vergessen haben sollte oder die Tochter spontan zu irgendwas eingeladen wird. In der Notfallgeschenkekiste finden sich zum Beispiel Schleichtiere, Seifenblasen, Kindertattoos und Bastelsachen, um schnell individuelle Geschenke herzustellen, wie meine beliebten Holzbrettchen. Einmal wöchentlich lasse ich uns frisches Bio-Essen liefern und wenn ich keine Zeit habe, um in Ruhe alles auszuwählen, habe ich einen gespeicherten Einkaufszettel, auf dem die Basics zusammengestellt sind wie Kartoffeln, Äpfel, Gurken etc., den ich einfach nur anklicken muss.

Was ich gelernt habe: Ganz da sein

Wenn man täglich nur 4 Arbeitsstunden hat, ist man auf Produktivität angewiesen. Das bedeutet für mich: Ich muss mich auf meine Sache konzentrieren und darf mich nicht ablenken. Kein: Ach, hier sieht es aber gerade unordentlich aus, da räume ich lieber mal schnell auf. Kein: Ach, ich schau nur mal ganz kurz hier bei Twitter oder Facebook. Wer zu Hause mit Kind arbeitet, muss die wenigen Produktivphasen, die es gibt, nutzen. Keine Prokrastination erlaubt.

Was daraus folgt,ist, dass man immer ganz bei einer Sache sein sollte. Ich muss zugeben, ich arbeite noch daran. Denn auch wenn es mir in meinen Arbeitsphasen leicht fällt, ist es in den Kinderspielzeiten nicht immer einfach nicht zu denken: “Du musst aber noch xy erledigen!” Was für die Arbeit gilt, gilt nämlich auch für die Kinder: Wenn ich bei ihnen bin, dann bin ich ganz für sie da. Ich ermahne mich, beim Mittagessen nicht ans Telefon zu gehen und beim Mittagsschlaf wird dem Postboten nicht geöffnet.

Kinder einbeziehen in die Arbeit

Manchmal geht es natürlich nicht anders. Manchmal muss Mama auch in der Spielzeit am Nachmittag ans Telefon oder schnell eine Email tippen. Bei der Tochter geht es gut, dass ich ihr dann erkläre, dass ich kurz arbeiten muss und ihr das Zeitfenster nenne und die Eieruhr auf diese Zeit setze: “Ich muss kurz am Computer arbeiten. Das dauert 15 Minuten. Wenn der Wecker klingelt, bin ich fertig und wieder ganz für Euch da.” Die Tochter kann mit 5 Jahren gut damit umgehen. Der Sohn hat im Alter von 17 Monaten natürlich noch nicht ein solches Zeitgefühl. Daher erkläre ich ihm auch, dass ich kurz arbeiten muss, und gebe ihm dann eine Spielsache, die er besonders gerne mag, aber nicht immer bekommt. Ich habe dafür extra Spielsachen zur Seite gelegt, die zu diesem Zwecke hervor geholt werden. Somit kann er sich in dieser Zeit ganz dem Spiel hingeben, ist oft im Flow und möchte sogar manchmal viel länger damit spielen, als ich Zeit benötige. Diesen Trick habe ich abgewandelt von der “Stillkiste” der Tochter, die ich zur Geburt des Sohns angelegt habe, damit sie interessantes Spielmaterial hat während ich mit dem Stillen beschäftigt bin.

Andere Möglichkeiten, mit Kindern zu arbeiten

Gerade in der letzten Zeit lese ich immer wieder Artikel darüber, dass viele Eltern neue Wege gehen in Hinblick auf Beruf, Familie und Kinderbetreuung. Recht neu, aber derzeit viel in den Medien, ist das Modell der Coworkingspaces mit Kindern. Rockzipfel in Leipzig hat es vor gemacht, in Hamburg wird es probiert und auch Berlin steht mit Coworking Toddler in den Startlöchern. Vielerorts eröffnen sich neue Projekte und Ideen, die Eltern angehen, weil sie die normalen Wege nicht mehr gehen wollen oder sie zum Lebensmodell nicht passen. Wir müssen neue Wege gehen, damit Eltern nicht schlecht gelaunt und frustriert sind, nahe dem Burnout.  Es gibt sicherlich Berufe, in denen es nunmal einfach nicht geht, dass Kinder mit dabei sind. Krankenschwestern und -pfleger, Polizistinnen und Polizisten, Verkäufer/innen…. Die Liste der Berufe ist lang, bei denen Kinder nur schwer dabei sein können. Aber wir können auch darauf hin arbeiten, dass für diese Berufsgruppen bessere Betreuungs- und Vereinbarkeitsmöglichkeiten gefunden werden, dass es Eltern-Kind-Büros gibt, flexiblere und komfortablere Betreuungsmöglichkeiten. Wenn sich Eltern mehr zusammen tun und neue Wege gehen, erschließen sich langfristig auch für andere Berufsgruppen andere Betreuungssysteme, weil auf den Bedarf eingegangen werden muss. Damit wir alle am Nachmittag weniger gestresst sind und mit unseren Kindern mehr lächeln können.