Weniger Stress im Familienalltag an Schlechtelaunetagen

Manche Tage sind einfach sehr anstrengend, wenn die Vorstellungen von Kindern und Erwachsenen auseinander gehen, gerade große Entwicklungssprünge anstehen oder sich die Geschwister nicht verstehen. Manche Tage sind so, dass man am Ende des Tages, wenn die Kinder im Bett liegen, tief durchatmen muss und froh ist, dass endlich Ruhe eingekehrt ist. Und an manchen Tagen sitze ich abends dort neben den Kindern, denke an den Tag und frage mich, warum es überhaupt so kommen musste. Denn an den meisten Tagen, die genau so laufen, habe ich die Warnsignale zuvor überhört und der Tag eskalierte vor sich hin von einem Chaos zum nächsten.

Jeder hat ein Recht auf einen schlechten Tag

In Familien sind wir oft geneigt dazu, unsere erwachsenen Bedürfnisse über die der Kinder zu stellen und übersehen zu schnell, dass auch sie manchmal einfach mit dem falschen Fuß aufstehen, dass sie vielleicht eine schlechte Nacht hatten, weil sie zu wenig geschlafen haben oder einen Alptraum hatten. Auch Kinder wachen manchmal mit schlechter Laune auf und nur weil sie Kinder sind, weil sie normalerweise viel lachen und spielen, haben sie nicht weniger ein Anrecht auf einen schlechten Tag, wie wir ihn auch kennen. Manchmal beginnt der Morgen schon schwierig und alles ist falsch für das Kind: Zu früh oder zu spät aufgestanden, das falsche Frühstück steht auf dem Tisch, der Lieblingsteller ist im Geschirrspüler,… Auch Kinder können einfach morgens schlechte Laune haben und wir dürfen ihnen das Recht darauf nicht absprechen, nur weil sie Kinder sind. So wie bei uns, sind auch für sie manche Tage schwierig. Der große Unterschied liegt nur darin, dass wir Erwachsenen oft viel besser mit solchen Schlechtelaunetagen umgehen und uns daraus befreien können. Kinder brauchen hingegen noch unsere Unterstützung dabei und viel Nachsicht. An Schlechtelaunetagen bringen deswegen Vorwürfe nichts, sonder wir sollten uns darum bemühen, den Kindern Strategien aus der schlechten Laune heraus zu vermitteln: Was kann ihnen helfen, um in eine bessere Stimmung zu kommen? Welche Ressourcen können wir beanspruchen? Vielleicht doch noch einmal hinlegen und ein Buch ansehen? Den Lieblingsteller aus dem Geschirrspüler nehmen? Ein kleines Frühstück jetzt und das Lieblingsbrötchen nachher beim Bäcker holen? Wenn wir Möglichkeiten aufzeigen, wie mit der schlechten Laune umgegangen werden kann, helfen wir uns selbst langfristig mehr als wenn wir über die Gefühle des Kindes hinweg gehen und erwarten, dass das Kind die schlechte Laune „einfach“ abstellt, um unseren Tag zu erleichtern.

Kettenreaktionen zulassen

Manchmal scheint es, als würde das Kind von einer Krise in die nächste stürzen und bei jeder Möglichkeit explodieren. „Blitzableitertage“ nennt das Gewünschteste Wunschkind diese Tage, an denen Kinder geballt ihre Energie heraus lassen: „Das Kind braucht uns als Blitzableiter, um explodieren zu können.“ Solche Tage sind sehr anstrengend und wir können nichts anderes machen, als sie anzunehmen und dabei als Eltern gut für uns zu sorgen, um solche Tage durchzustehen. Gut ist es, den Tag möglichst zu entspannen und allen weiteren Stress heraus zu nehmen so weit es geht: Den langen Einkauf am Nachmittag auf einen anderen Tag verschieben oder jemanden um Unterstützung bitten. Termine absagen, wenn möglich. Der Tag ist schwierig und wir können nur versuchen, ihn einigermaßen gut zu Ende zu bringen ohne selbst die Nerven vollständig zu verlieren.

Wenn der Tag schräg läuft…

  1. Suche nach Unterstützung: Kann Dir heute jemand helfen? Kann jemand Aufgaben übernehmen?
  2. Können Termine abgesagt, verschoben oder von anderen Familienmitgliedern übernommen werden?
  3. Ist das Einkaufen heute wirklich wichtig oder kann kreativ mit Resten oder Vorräten umgegangen werden statt im Supermarkt zu streiten?
  4. Finde Ruhepausen für Dich im Alltag und tu Dir etwas Gutes im Stress: eine Tasse Tee oder Kaffee, auf das Sofa setzen und in der Zeitschrift blättern neben dem Kind, eine besondere Nachmittagsleckerei außerhalb der sonstigen Routine
  5. Manchmal hilft es, Grundsätze ausnahmsweise über Bord zu werfen: Das Kind möchte das vierte Hörspiel hintereinander hören? Warum nicht, wenn es das heute unbedingt braucht?
  6. Stelle keine hohen Erwartungen an Dein Kind – und auch nicht an Dich.
  7. Morgen wird ein besserer Tag. Und wenn nicht, dann versuch ihn wieder zu entzerren. Es kommen wieder einfachere Tage!

Eigene Erwartungen runter schrauben

Schlechte Tage sind normal, Streit in der Familie ist normal. An manchen Tagen läuft es besser, an anderen schlechter. An manchen Tagen verstehen sich Geschwister besser, an anderen weniger gut. Manchmal sind es auch unsere Erwartungen, die uns das Leben schwer machen: Wir können an unsere Kinder nicht erwachsene Erwartungen haben. Das Leben mit Kindern ist anders als das ohne sie. Ein „Zähne zusammen beißen“ können wir von kleinen Kindern nicht erwarten – und von größeren auch selten. Das einzige, was deswegen wirklich hilft, um Stress zu reduzieren, ist es, die Erwartungen anzupassen an das Leben mit Kindern. Kinder funktionieren nicht, sie sind emotional und voller Fantasie. Sie streiten sich und wollen sich wieder vertragen. Sie sind laut und leise und kichern und lachen und weinen und schreien. Sie sind oft nicht „salonfähig“ und müssen es nicht sein, weil sie eben Kinder sind und das Leben erst kennen lernen müssen in allen Facetten bis sie aus diesen Erfahrungen etwas herausbilden, aus dem sie ein überlegtes Handeln schöpfen können. In diesem bunten Durcheinander sind wir Eltern es, die den Rahmen vorgeben. Dieser kann manchmal weiter sein, manchmal enger – immer angepasst an die Bedürfnisse des Kindes und vor allem auch an das, was wir als Eltern gerade geben können. Und wenn der Tag anstrengend ist, hilft es meistens mehr, den Familienalltag mit Humor zu sehen (Meine Strategie: Give up early!) und die Regeln und Verabredungen ein wenig zur Seite zu legen, um entspannt durch den Tag zu kommen.

Eure

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