Ich beruhige Dich – mit mir

Das Baby weint, das Kind weint. Vielleicht kennen wir schon die unterschiedlichen Klänge des Weinens: Das Weinen des Hungers, das Weinen des Erschreckens, das Weinen durch Schmerzen. Vielleicht kennen wir sie aber auch nicht oder es fällt noch schwer, die Sprache des Babys zu verstehen. Oder das Kind zu verstehen mit seinem Bedürfnis, das es gerade gar nicht formulieren kann. Warum weinst du nur? Schießt es durch den Kopf. Und meist haben wir einen Ablauf an Handlungen, die wir ausführen auf der Suche nach der Ursache: Hunger? Windel? Kleidung stört? Zu laut und überreizt? Manchmal finden wir auf diesem Weg die Ursache und das Baby lässt sich beruhigen. Manchmal aber auch nicht. Gerade auch bei größeren Kindern ist es manchmal schwer, die Ursache heraus zu finden für ein Weinen, wenn sie noch in einem Entwicklungsbereich sind, in dem sie sich sprachlich noch nicht so stark ausdrücken, aber die Welt schon so ganz und gar erfahren können.

Manchmal helfen Handlungen und wir sind erleichtert, etwas finden zu können, was beruhigt. Den Grund zu finden und das Kind vielleicht sogar ein wenig besser kennen zu lernen durch diese Interaktion. Aber recht oft helfen konkrete Handlungen nicht. Und dennoch sind wir als Eltern nicht hilflos – auch wenn wir uns so fühlen. Denn wenn wir keine Ursache finden, wenn wir keinen helfenden Handgriff haben, so sind doch immer noch wir selber da. Wir sind die Hilfe. Du bist die Hilfe. Einfach deswegen, weil es Dich gibt und Du da bist.

Auch wenn wir keine Erklärung finden, können wir die Trauer, den Missmut, das Unwohlsein unseres Kindes annehmen. Wir können unser Baby an unseren Körper halten und ihm damit sagen: „Ich weiß nicht, was es ist, aber ich bin für Dich da! Ich bin immer für Dich da, wenn Du mich brauchst.“ Wir können versuchen, den kleinen Körper zu beruhigen durch das Gefühl, angenommen zu sein und wir können mit unserem eigenen Atem, mit unserer Ruhe einen anderen Menschen zurück zur Ruhe führen. Der aufgeregte Atem des kleinen Kindes wird langsamer im Einklang mit unserem Atem. Das gleichmäßige Heben und Senken unserer Brust beruhigt.

Auch bei größeren Kindern ist das Annehmen ein Geschenk, das wir ihnen geben können: Es geht dir nicht gut, ich nehme es wahr und bin da. Wenn sie größer werden, möchten sie vielleicht manchmal nicht in den Körperkontakt kommen, denn sie entwickeln sich weg von der Regulation durch uns hin zu der Eigenregulation. Manchmal ist dies für uns als Eltern nicht einfach anzunehmen, wenn wir sehen und spüren, dass unsere direkte Zuwendung und das Tragen und Streicheln, das doch so lange ein Mittel der Beruhigung war, nun nicht mehr erwünscht ist. Doch auch dies ist ein Schritt des Kindes auf dem Weg der Entwicklung, der gegangen werden muss. Anstatt des Hochnehmens und Wippens können wir jedoch nun über Sprache, über Mimik und Gestik vermitteln, dass wir da sind und ihren Kummer sehen und helfen wollen.

So, wie wir eben immer da sein werden und nach den Möglichkeiten, die wir haben und denen, die das Kind zur Beruhigung benötigt, handeln. Zeit unseres Lebens als Eltern beruhigen wir unser Kind durch Zugewandtheit – auf die ein oder andere Weise.

Eure

 

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2 Kommentare

  1. Hallo Susanne,

    danke für Deine hilfreichen Artikel, die sich von den üblichen „gut gemeinten Ratschlägen“ sehr positiv abheben. Nun versuche ich Deine Tipps umzusetzen und scheitere teilweise:

    Unser High Need Baby ist mittlerweile knapp 3 Jahre alt und kein Baby mehr, aber
    rastet wegen jeder Kleinigkeit aus. „Nein, ich will Milch, nein keine Milch sondern Wasser, nein ich will kein Wasser, wäääääh (es folgt 20-45 Min. wütendes Weinen/Schreien)

    Wenn ich (oder meine Frau) ihn beruhigen möchte (Augenhöhe, in den Arm nehmen oder nur daneben stehen) schlägt er auf mich und weint weiter, wenn ich weggehe rollt er sich auf dem Boden und schreit weiter, wenn ich in ein anderes Zimmer gehe, folgt er schreiend.
    Einzige Möglichkeit, diese halbstündige Zeremonie zu unterbrechen: Ihn kurz ins Kinderzimmer sperren (ich weiß, das soll man nicht), dann ist schon nach 10 Minuten Ruhe, nicht erst nach 30.

    Ich weiß nicht mehr weiter, denn das passiert mehrere Male pro Tag wegen Belanglosigkeiten.
    Wie kann man beruhigen, wenn das Kind nicht ansprechbar schreit und nichts wirkt?

    Ein verzweifelter Vater

    • Das klingt nach einer wirklich anstrengenden Zeit für Euch. Für „High Need“ gibt es ja unterschiedliche Ursachen und eine davon ist eben auch ein besonders starkes Temperament. Das scheine ich bei Dir heraus zu lesen: Ein sehr willensstarkes, aber auch zugleich empfindsames Kind. Wenn dieses dann mit 2-3 Jahren in die „Trotz“phase kommt, ist das nicht selten eine große Herausforderung. Besonders diese Ich-will-das-nein-doch-nicht-was-anderes-ach-nein-gar-nichts-oder-doch-Situationen.
      Die Ursache liegt darin, dass das Gehirn noch nicht wie bei uns funktioniert und bei manchen Kindern das besonders anstrengend ist, weil sie dazu auch noch so empfindsam sind und starke Schwierigkeiten haben, sich selbst zu beruhigen bzw. noch keinen Ansatz dazu haben. Deswegen ist es gerad ebei ihnen so wichtig, ihnen Selbstregulation bei zu bringen. Das klappt anfangs nur durch Fremdregulation: Also spiegeln des Empfindens des Kindes „Du bist sauer weil…“ „Du weißt nicht was Du gerade willst…“ und das annehmen und schauen, wie Lösungen entwickelt werden können. in der konkreten Situation können Kinder meistens erstmal nicht eingehen auf unsere Lösungen, weil ihr Gehirn dazu nicht fähig gerade. Wir können nur abwarten und dann einen Vorschlag anbieten, wenn sie sich beruhigt haben.

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