Der Hebammenprotest zieht sich nun schon lange hin. Es wurde demonstriert, Flyer verteilt. Es wurden Fahnen aus den Häusern gehalten und es werden Rosen vor Kreißsälen abgelegt. Hebammen lächeln von Plakaten herunter. Und es wurden viele, viele Unterschriften gesammelt. Aber: Es hilft nicht. Die Hebammensituation hat sich nicht verbessert.
Ich würde nicht sagen, dass wir Eltern und Hebammen und alle anderen, die sich für den Berufsstand der Hebammen und freie Wahl des Geburtsortes einsetzen, versagt haben. Wir haben nur keine wirkliche Lobby. Wen interessiert es, dass es Eltern gibt, die sich gerne wünschen, den Ort der Geburt selbst zu bestimmen oder sich die Vor- und Nachsorge zu Hause wünschen von freien Hebammen? Die, die keine andere Wahl hatten und nie über Alternativen nachgedacht haben sagen, sie hätten ihre Kinder ja auch geboren. Auf der anderen Seite gibt es eine große Lobby an Organisationen, die andere Lösungen bevorzugen: Die Pharmalobby, die Krankenhäuser, die Krankenkassen… Geburtshilfe ist eine Dienstleistung und bringen nicht nur neues Leben, sondern bestimmten Berufsgruppen auch viel Geld – oder eben weniger, wenn sie weniger invasiv erfolgt oder kann Kosten verursachen. Versicherungen fürchten sich vor Klagen und Schadensersatzsummen.
Wir haben Geburten ein Gesicht gegeben und gezeigt, dass es wichtig ist liebevoll aufgenommen zu werden. Wir haben es wirklich freundlich versucht. Und freundlich haben auch die Menschen reagiert und mit geklickt und die schönen Fotos bewundert. Aber mit mildem Lächeln lässt sich kein gesellschaftlicher Wandel hervor rufen. Ja, ja, nicken die netten Menschen auf der Straße, Hebammen seien schon wichtig. Und die, die auch die erste Petition gezeichnet haben, machen es auch bei der xten. Natürlich setzen wir uns ein, solange es nicht zu anstrengend wird. Und die Straße bei einer Demonstration zu sperren ist wirklich zu viel.
Wir kommen nicht voran mit unseren Flyern und kleinen Demos. Gefragt ist Engagement, sind neue Ideen, andere Wege. Es geht nicht mehr um Aufmerksamkeit, es geht um Wachrütteln. Es geht nicht mehr darum, auf den richtigen Weg zurück zu leiten, sondern um handfestes Geradebiegen. Wir brauchen neue Wege, Tatendrang und Mut. Wir müssen uns nicht mehr nur für einen Berufsstand einsetzen, sondern für gesellschaftlichen Wandel, für die Anerkennung der Bedeutung des Starts ins Leben.
Wir müssen Mut aufbringen für uns heute und Mut aufbringen für ein Morgen unserer Kinder. Wir Eltern sind immer mutig, wenn es um das Wohl unserer Kinder geht und dürfen auch hier nicht versagen. Es ist so abstrakt die Vorstellung der Geburt in der Zukunft, aber sie ist so wichtig. Es ist nicht egal, wie wir geboren werden. Heute nicht, morgen nicht und auch nicht in 20 Jahren. Und dafür müssen wir nun kämpfen. Nicht mehr nur protestieren. Schließt Euch zusammen, macht was Großes, das ist mein Wunsch zum internationalen Hebammentag.
Eure
Schaut bei MotherHood vorbei, um Euch über aktuelle Proteste zu erkundigen oder setzt eigene Ideen in die Tat um. Eure Aktivität und Eure Phantasie sind gefragt!
Liebe Anna,
Glaub mir, das tun wir Hebammen tagtäglich. Oft kommen wir aber gegen die „aber wenn dann doch was ist, ist man froh, in der Uniklinik zu sein, da ist dann auch egal, ob die Hebamme Händchen halten kann/Zeit für Erklärungen da ist, also der Betreuungsschlüssel gut ist etc…“ -Argumentation nicht an oder können die Betreuung und Beratung erst dann beginnen, wenn keine Beleg- oder Hausgeburtshebamme mehr verfügbar ist. Und sitzen dann betroffen beim ersten Hausbesuch, wenn sich herausstellt, dass ein guter Betreuungsschlüssel und somit Zeit für informierte, selbstbestimmten Entscheidungen besser gewesen wäre…:-( Das Umdenken muss die gesamte Geburtskultur unserer Gesellschaft betreffen. Leider gibt es da die von susanne genannten größeren und stärkeren Lobbys…
Und unter den Hebammen macht sich mittlerweile leider – aber auch verständliche- Resignation und Erschöpfung breit. Jahrelang um die eigene Zukunft zu bangen, lässt irgendwann nach alternativen suchen 🙁
Liebe Grüße
Julia