Keine „Wickelkämpfe“ – Anleitung zur achtsamen Körperpflege im Alltag

Ich sitze in einem Café, am Nebentisch eine Familie mit einem vielleicht einjährigem Kind. Es isst gerade ein paar Sachen vom Teller, als die Mutter es vom Stuhl hoch nimmt, an seiner Windel riecht und fragt „Hast Du einen Stinker gemacht?“ Das Kind schüttelt den Kopf. „Na, das glaub ich aber nicht.“ Die Frau wendet sich ihrem Partner zu: „Diesmal bist Du dran mit wickeln!“ Dieser verdreht ein wenig die Augen, nimmt das strampelnde Kind dann mit ins Bad. Ein klein wenig fühle ich mich an eine Szene erinnert, die ich einmal in einem Seniorenheim erlebt habe. Auch dort, vor so vielen Jahren, empfand ich eine Pflegesituation als grenzüberschreitend, als respektlos. Ich denke, es ist den Eltern wahrscheinlich gar nicht bewusst, dass diese Situation auch anders laufen könnten, denn wir sind den Umgang mit Windeln heute schon fast so gewohnt.

Wickelszenen: Schon im Fernsehen erleben wir sie entweder als eklig oder als lustig. Aber wann sehen wir einmal eine schöne, harmonische, ja respektvolle oder achtsame Pflegesituation, in der einem Kind die Windeln gewechselt werden? Selten. In den Medien würde ich sogar sagen: nie. Wickeln, das ist etwas Unschönes, etwas, das man schnell hinter sich bringen muss, so werden wir von Anfang an geschult. Aber das muss es nicht sein, denn Körperpflege hat besonders viel mit Respekt, mit Verständnis, mit Einfühlungsvermögen zu tun.

Es geht in diesem Artikel nicht darum, ob man sein Kind windelfrei groß werden lassen soll, Stoff- oder Papierwindeln verwenden sollte. Aus meiner eigenen Erfahrung mit dem Konzept der Elimination Communication oder zumindest mit dem Umgang einer windelreduzierten Windelzeit jedoch weiß ich, dass durch das Achten auf die Bedürfnisse des Kindes und auf seine Signale bereits eine Richtung in Hinblick auf achtsame Körperpflege entsteht. Doch auch wer ganz klassische Wegwerfwindeln benutzt und sein Kind nicht abhält, wenn es Signale zeigt, dass es auf Toilette muss, kann achtsam und respektvoll mit der Wickelsituation umgehen.

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Das Kind zum Windelwechseln auffordern

Achtsam mit dem Wickeln umgehen, das bedeutet zunächst, dass wir die Signale des Kindes wahrnehmen. Selbst wenn das Kind nicht anzeigt bevor es ausscheidet, zeigen viele Kinder, dass sie gerade ausscheiden (durch Geräusche oder Mimik) oder ausgeschieden haben. Vielleicht riecht man es auch einfach. Es reicht in dieser Situation, sein Kind ruhig anzusprechen. Vielleicht war das Kind so in eine Aktivität versunken und die Windel ist so saugfähig, dass es selber nicht antworten kann auf die Frage, ob es in die Windel gemacht hat oder nicht. Deswegen ist eine Frage meist nicht notwendig, ja kann das Kind sogar überfordern. Wir können unserem Kind ganz einfach sagen, dass wir gerne kurz mit ihm ins Bad gehen würden, um eine frische Windel anzulegen. Wir verbalisieren, was passiert ist ohne Bewertung, ohne negativen Kommentar. Wir stellen nicht die Frage, ob das Kind in die Windel gemacht hat, wir riechen nicht am Po. So kommen Eltern und Kind nicht in eine Situation, in dem dem Kind eine Lüge „vorgeworfen“ werden muss. Es ist eine alltägliche Handlung, man macht etwas Gutes, Angenehmes, indem man das Kind mit einem frischen Kleidungsstück versieht.

Der Umgang mit Körperausscheidungen

Ja, Körperausscheidungen riechen. Und wenn Kinder mit Beikost beginnen, vielleicht sogar fleischlicher Beikost, dann bekommt der Geruch noch einmal eine ganz andere Intensität. Für Babys jedoch, die noch kein ausgeprägtes Gefühl dafür haben, was zu ihrem Körper gehört, wo er anfängt und aufhört, ist der Umgang mit ihrem Körper sehr wichtig. So wichtig, wie für uns später auch. Ihnen die Windel zu wechseln und dabei zu vermitteln, dass dies eine eklige Handlung ist, dass es einem widerstrebt, dass es unangenehm ist, kann sich auf ihre Selbstwahrnehmung auswirken. Sie sind Babys, die noch nicht für sich selbst sogen können. Sie wollen von uns geliebt und geachtet werden und sie wollen uns kein schlechtes Gefühl machen oder das Gefühl vermitteln, dass wir uns vor ihnen ekeln müssten. Für Kinder ist es wichtig, dass wir wertschätzend mit ihrem Körper umgehen. Körperteile zu benennen, sie nicht abzuwerten oder ihnen unangenehme Eigenschaften zuzuweisen. Wir müssen sie nicht beschämen, indem wir ihnen sagen, wie eklig etwas sei oder dass sie ja alles schmutzig gemacht hätten. Es ist für sie unklar, warum etwas, das aus ihrem Körper kommt und ein Teil davon ist, nun ekliger Schmutz ist. Körperausscheidungen sind nun einmal ganz einfach der Rest des Verdauungsprozesses.

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In Pflegesituationen einbinden

Immer wieder erfahre ich, wie schwierig Pflegesituationen für Eltern und Kinder sind. In Beratungssituationen fallen manchmal sogar Worte wie „Machtkampf“. Und tatsächlich: Das Windelwechseln kann zu einem Kampf werden, wenn wir immer gegen den Willen eines anderen Menschen anarbeiten müssen. Doch das müssen wir gar nicht. Wir können vorher ankündigen, dass wir nun gemeinsam die Windel wechseln wollen: „Lege Dein Spielzeug nun an seinen Platz und es bleibt dort bis wir zurück sind, wir gehen kurz ins Bad, um Deine Windel zu wechseln.“ Das Kind aus der Situation ohne Ankündigung heraus zu reißen ruft selbstverständlich Protest hervor – vielleicht sogar noch indem wir es einfach hochheben und wegtragen ohne Ankündigung. Wir können abwarten und verständnisvoll sein.

Und in der Pflegesituation können Kinder ebenso eingebunden werden: Öffne Deine Windel selbst, reich mit bitte eine Tuch, wisch doch selber einmal – all dies sind Möglichkeiten, um Kinder aktiv mit einzubinden. Es ist wichtig, anzukündigen, dass die Windeln gewechselt werden oder einfach zu fragen: „Ich mach jetzt Deine Windel auf, okay?“ Selbst bei den kleinsten Kindern können wir dann einen Moment abwarten, bis die Information zu ihnen durchgedrungen ist. Wenn wir das Wickeln als Ritual in den Alltag einbinden, wissen auch kleine Babys schon, was als nächstes passiert, wenn wir sie auf die Wickelunterlage legen – sie brauchen nur einen Moment Zeit, um die Information zu verarbeiten.

Kinder können je nach Alter teilhaben am Geschehen. Besonders wichtig ist auch hier, dass man den Kindern erklärt, was man tut. Sprachlich kann vorbereitet werden, welcher Schritt als nächstes ansteht: „Ich mach schonmal den Lappen nass, um Dich abzuwischen.“ So kann sich das Baby auf die anstehende Situation vorbereiten. Werden solche Routinehandlungen sprachlich immer begleitet, hat das Kind ein Wissen davon, kann sich besser einlassen und kooperieren. Körperpflege wird nicht „durchgeführt“, sondern gemeinsam begangen.

Ja, vielleicht dauert das Windelwechseln ein klein wenig länger, wenn das Baby aktiv dabei sein kann. Vielleicht aber stellen wir sogar fest, dass es gar nicht länger dauert, weil wir nicht ständig gegen unser Kind arbeiten müssen, weil wir es nicht festhalten müssen oder ständig wieder umdrehen, weil es nicht kooperieren mag. Vielleicht gewinnen wir sogar Zeit, indem wir mehr Raum geben.

Die richtigen Wörter wählen

Respekt und Achtsamkeit drücken sich auch darin aus, wie wir sprachlich anderen begegnen. Körperteile wollen benannt werden – und zwar alle. Was vermittelt es dem Kind, wenn wir für Geschlechtsteile keine Wörter benutzen? Körperausscheidungen müssten nicht als „Stinki“ bezeichnet werden, sondern können neutral benannt werden als das, was sie sind. Versetzen wir uns einen kleinen Moment hinein in die Person, die vor uns liegt und überlegen wir, wie wir selber angesprochen werden wollten, welche Wörter für uns angenehm und welche unangenehm wären. Dabei werden wir feststellen, dass viele der Wörter, die wir als kindgerecht wahrnehmen es eigentlich gar nicht sind.

Nehmen wir uns also einfach ein wenig Zeit und Raum, um unsere Kinder auch beim Wickeln liebevoll zu begleiten. Hinterfragen wir heute einmal, wie wir mit den Wickelsituation umgehen und warum wir das so tun. Versetzen wir uns in die Lage des Kindes und schauen wir, was uns selber angenehm oder unangenehm wäre. Auf diese Weise können wir den Kampf am Wickeltisch hinter uns lassen und gemeinsam einen guten Weg finden – in Windeln oder ohne.

Eure

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43 Kommentare

  1. Danke für den schönen Artikel! Ähnliche Gedanken habe ich mir erst gemacht, als ich daran denken musste, wie verzweifelt ich oft bei meiner ersten Tochter war. Wickeln war oft ein Kampf und oft habe ich mich so über sie geärgert. Jetzt schäme ich mich so dafür, dass mir das offensichtliche damals nicht klar war. Nämlich sie einfach richtig einzubeziehen. ..mir war damals einfach nicht so bewusst wie viel schon so kleine Kinder verstehen.
    Heute mit meiner 2. Tochter ist das alles selbstverständlich, ohne darüber groß nachzudenken habe ich bemerkt, dass alles zb wickeln, anziehen, viel leichter geht, wenn ich es ankündige und sie auffordere mitzumachen.
    Schade, dass ich das bei meiner großen Tochter nicht wusste, aber ich denke damals war ich einfach überfordert u. bei diesen Kämpfen stand ich mir selbst sehr im Weg, weil ich das als Zeichen für meine Unfähigkeit sah.
    Oft denke ich bei deinen Artikeln: Genau DAS hätte mir damals jemand sagen müssen, DAS hätte mir wirklich geholfen! Danke dir dafür, dass du genau solche Dinge in Worte fasst!

    Liebe Grüße
    Susanne

  2. Ja, das klingt sehr vernünftig. So handhaben wir das eigentlich auch. Doof nur, wenn das Kind dann aus dem Kindergarten kommt und auf einmal der Überzeugung ist, dass seine Windel „bah“ ist. Krieg das mal aus dem Kind wieder raus…

    • Ich singe oft meinem Kind ein Liedchen als Ankündigung: „Eine neue Windel für den kleinen Spatz. Eine neue Windel für den kleinen Schatz. Eine neue Windel, eine neue Windel!“ Und wenn es stinkt sage ich das nicht, sondern statt dessen:“A chocolate surprise cake!“ Das hat mal der Kindsvater gesagt (wir sind ein bilingualer Haushalt) und seit dem benutze ich diesen Ausdruck und lächele dabei das Kind freudig an.

  3. Danke für den interessanten Artikel! Ich bin im 5. Monat schwanger mit meinem ersten Kind. Er wird mir später bestimmt sehr hilfreich sein. 🙂

  4. Das ist ein schöner Artikel und ein guter Ansatz. Ich habe mein Kind schon immer mit Respekt gewickelt, habe meine Handlungen beschrieben, habe mir Zeit gelasen, habe es mit eingebunden, für mich war nie etwas ekelig und ich habe mein Vorhaben auch rechtzeitig angekündigt. Auch positive Töpfchenereignisse werden mit viel Begeisterung beiderseits bedacht. Nichtsdestotrotz haben wir auch regelrechte Wickelkämpfe, weil das Kind absolut keinen Bock darauf hat. Oft hat es einfach gerade andere Sachen im Kopf, will weiter spielen, will irgendwas anderes machen. Und da hilft leider nicht, dem Kind zu sagen, dass es ja gleich weitergeht mit dem Spiel. Länger warten ist auch keine Option, da wir mit Stoff wickeln und das dann nun auch mal schneller auslaufen kann, wenn zu viel drin ist. Mein Kind hat momentan eine sehr ausgeprägte Nein-Phase, alles ist gerade „Nein“, wenn es nur von den Eltern kommt. Gestern waren sogar die heißgeliebten Honigpfannkuchen „Nein“. Da ist es auch manchmal einfach so, dass es der falsche Honig war, den wir genommen haben (trotz vorherigem Fragen). Das gleich Spiel haben wir beim Stillen, geb ich dem Kind die linke Brust, möchte es natürlich die rechte haben. Und ebenso ist es mit dem Anziehen, dem Zähneputzen und eben mit dem Wickeln. Es hilft noch nicht mal dem Kind ein Teil des Spielzeuges mit auf den Wickeltisch zu geben. Wir haben „Machtkämpfe“ trotz Achtsamkeit. Und ja ich habe mich schon gut beobachtet, was ich falsch machen könnte und habe noch nix gefunden, was zur Lösung des Problems führen könnte.

    • Dieser Kommentar spricht mir aus der Seele. Wir verhalten uns auch wie im Artikel beschrieben und hinterfragen unser Verhalten oft, haben aber auch trotzdem regelmäßig diese Kämpfe, weil weder ankündigen, warten, einbeziehen etc. helfen. Unsere Tochter hat auf Wickeln, Anziehen etc. oft einfach keinen Bock und bleibt dann auch dabei, egal, was wir anstellen. Da hilft wohl nur abwarten und irgendwie durchhalten.

    • Sandra Repolusk

      Danke für diesen Kommentar!!! Mir geht es genau gleich. Ich begegne meinem Sohn auf Augenhöhe und reflektiere ständig. Die Kämpfe, Diskussionen und ausgelaufenen Windeln, Erklärungen usw. gibt es trotzdem. Manchmal (ich erwarte bald sein Geschwisterchen) kann ich einfach nicht mehr. In diesen Situationen bräuchte ich Hilfe. Glg

  5. Katharina von emmiundich

    Meist halte ich im Freundeskreis mit meiner Meinung hinter dem Berg…nur beim Wickeln rate ich Neu-Eltern mitlerweile dazu, sich den Pikler-Wickeltisch zuzulegen. Denn die Erfahrungen, die dieser Wickeltisch uns mit unserer Kleinen Dame ermöglicht, möchte ich keinen Tag missen. Leider herrscht wie du es so treffend beschreibst in unserer Gesellschaft das Bild von der kindlichen Körperpflege als einer lästigen Pflicht vor…und dabei kann es doch sich ständig wiederholendes Moment der absoluten Liebe und Nähe zwischen Kind und Eltern sein. Habe dazu ja auch einen Eintrag mit dem Titel „Wickeln in Frieden“ geschrieben…und er wird sehr sehr oft gelesen. Ich hoffe immer, dass Eltern aus ihren alten erlernten Mustern ausbrechen können, und Wickeln zu einem schönen Erlebnis werden lassen könne

    Danke für deine bestätigenden Worte!

    • Die Erfahrung kann ich nur bestätigen. Seit wir unseren „Steh“-Wickeltisch haben, gibt es keinerlei Kämpfe mehr (wir haben den Wickeltisch umgebaut, da war unser Sohn ca. 9 Monate alt).

  6. Sylke Grünwald

    Vielen Dank für diesen interessanten Artikel. Nun bin ich bestimmt eine der ältesten Leserinnen und habe inzwischen zwei große Kinder.
    Bei uns wurde das Windeln wechseln nie groß thematisiert, es gehörte einfach zu meinen Aufgaben. Wenn mein Mann Zuhause war, hat er dies ab und zu freiwillig und mit Freude übernommen.
    Beim Windeln wurde viel mit den Babys geherzt und wenn möglich, windelfreie Zeiten eingebaut.
    Diese Diskussionen bei unseren Freunden „jetzt bist Du aber mal dran…“ haben mich schon immer gestört.
    Ob unser Umgang mit diesem Thema ausschlaggebend dafür war, dass unsere Kinder mit einem Jahr bzw. 14 Monaten windelfrei durch den Tag gekommen sind und wir mit zwei Jahren bei Beiden auch nachts auf Windeln verzichten konnten, oder wir einfach Glück hatten, kann und mag ich nicht deuten 🙂

  7. Eine gute Frage, ich sage lobend sowas wie „Wow, das ist aber ein ordentlicher Haufen. Gut gemacht!“

  8. Ein sehr guter Artikel – danke für den Input.
    Das meiste beherzige ich beim Wickeln irgendwie schon bisher; aber ich denke ich kann durchaus noch achtsamer werden.

    Eine Frage habe ich dennoch zum Thema „Achtsame Körperpflege“ – Fingernägelschneiden. Mein Kind ist jetzt sechs Monate alt; also noch zu klein um es irgendwie sinnvoll zu erklären.
    Ich versuche es, möglichst gut zu machen, nehme das Kind auf den Schoß, so dass ich gut rankomme, singe auch mal ein Lied – aber dennoch muss ich öfter mal die Hand festhalten, weil sie sonst weggezogen wird und ich beim schneiden ja nichts verletzen will.
    Gibt es da Tipps?
    Das ist so ein Thema, das in Gesprächen mit anderen Eltern auch immer wieder als sehr stressig und unangenehm empfunden wird; ist auch irgendwie blöd – wenn das Kind die Hand wegzieht, kann man mal daneben schneiden; hat man mal daneben geschnitten, zieht das Kind die Hand erst recht weg beim nächsten Mal etc.

    • Antje Müller Meyer Lehmann

      Ich habe es meiner Kleinen an mir vorgemacht als sie nicht mehr die Hände ruhig halten konnte vor lauter Entdeckerdrang und nach einer Weile kommt sie dann allein zu mir und hält die Hände hin! So kann man die Vorbildfunktion indirekt einsetzen.. 😉

  9. Hm, ich sage das zu meiner Tochter (1 Jahr) auch. In liebevollem Tonfall, scherzhaft, lachend. Genauso sage ich das meinem Mann aber auch, wenn aus dem Klo mal Gestank kommt.
    Ausscheidungen stinken nun mal häufig, es ist doch nicht schlimm, das zu benennen? So lange es natürlich respektvoll und nicht als Vorwurf geschieht.

  10. Antje Müller Meyer Lehmann

    Ähnliches Mitleid hatte ich schon öfters mit Babies und Kindern die in Drogerien gewickelt werden. Im öffentlichen Lärm mit viel Geschrei und einer Standard-Portion Penaten.. :/ Aus eigener Erfahrung habe ich gelernt, dass eine ruhige Umgebung und vorbereitende Ankündigung hilf dabei bei vielen Dingen in der Kommunikation mit den Kleinsten!

    • BerlinBound

      Das Wickeln in Drogerien ist doch an sich nicht verwerflich, wenn man meint, es mit der vollen Windel nicht mehr bis nach Hause zu schaffen. Ich musste meiner Kleinen damals des Öfteren bei DM die Windel wechseln, weil sie mehrfach (wie auf Knopfdruck) genau dann ihr großes Geschäft erledigte, wenn wir den entsprechenden Gang bei DM entlang gingen (irgendwann dann wohl aus der körperlichen Erinnerung heraus). Jedenfalls war ich jedes Mal sehr dankbar für den gleich verfügbaren Wickelplatz. Auch dort kann man sein Kind respektvoll wickeln und natürlich dabei vor den Blicken Fremder schützen, so gut es geht. Zwar kein idealer Wickelplatz, aber doch eine gute Option, wenn nötig.

      • Antje Müller Meyer Lehmann

        So war das nicht ganz gemeint.. Aber wenn man in der Öffentlichkeit mit großer Hektik wickelt und das Kind nur weint, könnte man das auch anders lösen. Eine volle Windel möglichst zeitnah zu beseitigen ist ja selbstverständlich. Es ist ein gutes Angebot und wenn man auf das Kind eingeht auch machbar. Ich persönlich hatte es aber nur einmal (ungern) gebraucht, da es mir allein ja schon nicht gelingt so entspannt zu sein. Wobei es auch zuhause ab dem 4. Monat trotzdem immer intensiveren Protest gab und ich dann begonnen habe abzuhalten, was wieder für Zufriedenheit gesorgt hat!

  11. Hast Du A-A gemacht, „groß“ gemacht usw…. Jedenfalls nichts (be)wertendes, wie „Stinker“ und dergleichen —abgesehen davon, stinkt es ja aus der Perspektive des Kindes nicht wirklich (von wegen Eigengeruch) – von daher ist solch Bewertung aus Sicht des Kindes eh nicht stimmig. Ich habe da auch im positiven Sinne niemals ein riesen Ding draus gemacht – weshalb sollte ich in Entzücken ausbrechen oder das in-die-Windel-Kacken bewundernd kommentieren? Ich habe immer auf das Hier und Jetzt und auf das gemeinsame Tun orientiert: Dass die Windel „voll“ ist, ist normal, es muss bald saubergemacht werden, damit die Haut schön gesund bleibt – gemeinsame Aufmerksamkeit auf die schöne frische Windel, auf das Säubern, auf ein wenig Quatsch machen beim Wickeln…das war immer ganz normal und alltäglich.
    Ehrlich meine Freude kundgetan habe ich, als mein Kind sich von jetzt auf gleich entschloss, keine Windel mehr zu brauchen (ritsch-ratsch abgemacht und das war’s) und sie entsprechende Ansagen machte, wenn sie mal musste. Das war auch nochmal eine Herausforderung, weil diese Ansagen zunächst sehr kurzfristig sind und keinen Aufschub dulden 🙂 – aber, hey, das Kind hat einen großen Schritt getan und man kann sich gemeinsam darüber freuen.

  12. BerlinBound

    Danke, Susanne, für den schönen Artikel, dem ich voll und ganz zustimme.

    Ich finde es unerträglich, wenn ein Kind von seinen Eltern unentwegt diese negativen Kommentare zu seinen Ausscheidungen zu hören bekommt. Jedoch weiß ich nie, wie ich in diesen Situationen am besten reagieren soll. Einerseits möchte ich den (wahrscheinlich ohnehin gestressten) Eltern nicht reinreden oder einen Vorwurf machen, zumal sie mich ja nicht nach meiner Meinung gefragt haben. Andererseits denke ich, dass sich viele einfach noch nicht bewusst damit auseinander gesetzt haben, nur das weitertragen, was sie auch selbst erfahren haben und aus ihrer Umgebung gewohnt sind, und vielleicht ihren Ansatz ändern würden, wenn sie die Gelegenheit zur Reflexion bekämen. Nur wie spricht man das möglichst behutsam an?

  13. Danke für diesen Artikel!
    Bisher dachte ich wirklich, dass ich meinen fast einjährigen Sohn achtsam und zugewandt wickele… und trotzdem gab es immer mal wieder „Wickelkämpfe“.

    Habe die letzten zwei Tage jetzt noch mal konsequent drauf geachtet jeden Schritt anzukündigen und auch im Vorfeld das riechen am Popo unterlassen.

    Wir hatten keinen einzigen „Wickelkampf“ seitdem. Und ich brauche noch nicht mal mehr Spielzeug zum ablenken…
    Ich bin begeistert!
    Danke!

  14. wildewoelfn

    Da hast du mal wieder ein Thema angesprochen, für das ich sehr dankbar bin. Hier gibt es diese „Kämpfe“ auch ab und an, meist aber eher, wenn wir müde sind (und ich dann nicht mehr achtsam) – da kann ich dran arbeiten. Besonders gefällt mir die Idee von dem Einbinden des Zwerges in die Pflege – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
    Danke

    • Jolanthe Wagenknecht

      Wenn du nicht achtsam bist, nur weil du müde bist, ist das genauso eine dumme Entschuldiging, wie jemand der seine schlechte rechtschreibung damit entschuldigt, dass er müde gewesen sei. Wenn ich schreiben kann, kann ich das auch wenn ich müde bin und wenn ich prinzipiell achtsam bin, dann bin ich das auch wenn ich müde bin.

      • Wieso musst du jemanden so angreifen? Niemand ist perfekt und wenn man müde ist, fällt es einem eben oftmals schwerer auf alles zu achten. Wir sind alle nur Menschen und jemand anzugreifen, der selbstreflektiert Fehler eingesteht, finde ich absolut unnötig.

  15. Hallo, mich würde auch interessieren, welche Ausdrücke andere verwenden, um Alternativen zu „Stuhl“, „AA“ (was soll das heißen?) oder „Kacki“ (scheint der Standard in Kitas zu sein) zu haben. Nicht, dass es in meiner Ursprungsfamilie dafür nicht auch bestimmte Begriffe gegeben hätte oder hat, aber ich möchte es meinem Kind schon gern ermöglichen, auch von anderen Betreuungspersonen (eben die Kita) verstanden zu werden. 😉

  16. ja
    sehn wir genauso. einfühlungsvermögen ist hier unglaublich wichtig! und
    eben die ehrlichkeit, so sage ich auch immer die wahren gründe die ja
    positiv sind (sauber, angenehm -„FRESH“ -er liebt dieses wort schon- usw)

    • Jolanthe Wagenknecht

      weso muss das jetzt englisch sein? Gefällt dir das deutsche Wort „frisch“ nicht? albern irgendwie…

  17. Ist ja alles schön und gut, aber was, wenn das Kind einfach nicht gewickelt werden will? Es sich an einer übervollen Windel nicht stört und selbst 5 Stunden, nachdem Stuhl abgesondert wurde, sich immer noch vehement gegen eine frische Windel wehrt? Ich habe schon alle Tricks durch (Singen, mit einbeziehen, den Zeitpunkt selbst bestimmen lassen, die Windel anschließend als Geschenk verpacken, ihn seine Windel und deren Inhalt ansehen lassen etc.) aber ich habe das Gefühl, es wird von Tag zu Tag schlimmert…

  18. Liebe Susanne,

    ich habe lange über deinen Artikel nachgedacht. Weil ich erst dachte „Hä, was soll das denn sein – achtsam wickeln?“ Mein erster Impuls war: Alles Quatsch. Und doch, er hat mich beschäftigt, dieser Post. Ich habe mich in den nächsten Tagen dabei ertappt zu schauen, wie ich das eigentlich mache, mit dem Runzelfüßchen. Und mir fiel auf, dass ich das sehr anders mache, als viele andere Eltern. Ich habe noch nie gesagt „Ihh, du stinkst“. Und ich wickel meine Tochter sehr gern. Das können andere nicht glauben, aber mir macht das nichts aus, ich genieße die Nähe, die wir dabei haben. Wir lachen, machen Quatsch und sie freut sich sehr. Vielleicht habe ich einfach Glück, dass das Wickeln bei uns (noch?) kein Drama ist. Vermutlich ist das der Grund, wieso ich deinen Artikel zunächst nicht verstanden habe.
    Mit einigem Abstand kann ich aber sagen: Du hast so recht. Es ist wichtig unseren Kindern ein gutes Gefühl beim Wickeln zu geben und nichts davon abzulehnen. Der Artikel war nötig, in meinem Fall um mich zu bestärken, dass ich einen guten Weg gehe.
    Danke dafür!

    Liebe Grüße,
    Andrea

  19. Jolanthe Wagenknecht

    Ja, kann ich unterschreiben. Viele Eltern sind im Umgang mit ihren Kindern einfach total unsensibel, manche behandeln sie wie Gegenstände. Das ist sehr traurig. Schade finde ich, dass du einige kritische Kommentare von mir nicht zugelassen hast. Traurig und irgendwie unter deiner Würde. Willst du nur Lobhudelei?

  20. Jolanthe Wagenknecht

    Wie geht der letzte Satz zu Ende? Traurig die Ausscheidungen des Kindes so abzuwerten, damit wertet du den ganzen Menschen ab.

  21. Jolanthe Wagenknecht

    Wenn sie „stinki“ immer noch gut finden, haben sie nichts, aber auch garnichts verstanden. Da ist Hopfen und Malz verloren.

  22. Mit diesem Artikel hast du mir echt die Augen geöffnet. Vielen Dank! Ich werde in Zukunft einiges ändern beim Wickeln, bzw. habe damit schon begonnen. Dein Blog ist richtig toll. Ich bin erst darauf gestoßen, seit ich selber blogge, aber ich bin auch für meine Tochter sehr froh darüber!
    Ich habe vor kurzem einen Artikel veröffentlicht, in dem ich auf diesen Artikel von dir verweise und erwähne, was ich nun anders mache, seit ich das gelesen habe. Ich hoffe das ist ok. Ansonsten melde dich gern, wenn ich den Link rausnehmen soll oder du etwas an der Verlinkung geändert haben möchtest. Liebe Grüße, Nätty
    http://bilderbuchbaby.com/das-mami-dasein/wickeln-in-der-trotzphase-kann-ganz-einfach-sein

  23. Also ich fand das Wickeln im Stehen dann ganz gut.Toll sind dafür auch die Pikler-Wickeltische. Und natürlich können sie auch ihre Spielsachen mitnehmen zum Wickelplatz oder dort kann in die Pflege was Schönes eingebunden werden: mal ein anderer Waschlappen (wir haben so Tierwaschlappen) oder etwas in der Art.

  24. Ich finde, dass Achtsamkeit ein wichtiger Punkt in der Kindererziehung ist und man auch nicht vermitteln sollte, dass das Kind eklig ist, weil es Kacka gemacht hat. Jedoch kann man es auch übertreiben. Nur weil man „Stinker“ sagt, verhält man sich keineswegs respektlos gegenüber seinem Kind. Kafka stinkt. Tatsache. Wir fragen unsere 21 Monate alte Tochter, ob sie einen Stinker oder Kacka gemacht hat. Wenn sie nein sagt, obwohl man es selbst durch die Stoffwindel riecht, dann sagen wir halt, dass wir doch mal gucken müssen und fordern sie auf mit ins Bad zu gehen. Das läuft oft freiwillig, mal nicht. Zu sprachsensibel mit seinem Kind umzugehen kann auch überfordern, ein klares Wort hilft manchmal mehr, als ständig zw. Kacka und Stinker zu unterscheiden.

  25. Hallo Lilien,
    ich weiß dein Beitrag ist schon zwei Jahre alt, ich hoffe ihr konntet einen Weg finden sodass dein Sohn mit solchen Situationen besser umgehen kann.
    Falls nicht, ich würde bei deiner Erzählung an ein Kind einer Bekannten erinnert, die ist zum Atlasologen gegangen (letzter Wirbel der Wirbelsäule auf dem der Kopf auf liegt = Atlas). Dieser hat festgestellt, dass der Kopf nicht richtig auf der Wirbelsäule war und so die Nerven der Haut überstrapaziert wurden. Nach ein paar Behandlungen ging es dem Kind viel besser, lies sich anziehen, umarmen … und lebt jetzt ist schon in der Schule ein ganz „normales“ Leben.
    Liebe Grüße

  26. Vielleicht sind Kinder, bei denen das so klappt auch einfach nur „lahme Enten“ 😀 mein Kind jedenfalls mag mit einem Jahr nicht mehr vor mir rumliegen. Und er will selbst entscheiden. Der Artikel scheint mir etwas realitätsfremd – jedenfalls in meiner Realität. Die Illusion, die hier über eine alltäglich vorkommende „Konflikt“situation vermittelt wird, habe ich vor dem Kind viel zu häufig gelesen. Das hat bei mir zu schweren Selbstzweifeln und zu sehr viel Frust geführt, weil die Welt eben doch nicht immer so friedlich ist.
    Bei uns muss der Umgang miteinander wie oben beschrieben ja wirklich furchtbar und respektlos sein, dass es doch immer wieder zu Streit kommt *Ironie aus*. Die Einstellung, dass Wickeln und Anziehen komplett ohne Stress klappen, wenn alle nur ruhig bleiben und das Kind mit entscheiden darf ist bestimmt nicht falsch. Aber allen Leuten ein schlechtes Gewissen einreden, bei denen es eben nicht so ist??! Schon sehr merkwürdig- und an meinen Bedürfnissen jedenfalls vorbei.

  27. Hmmm… Was aber wenn man es eh schon immer so gehandhabt hat und weiterhin tut, so wie Du es beschreibst aber trotzdem das Wickeln ein täglicher Kampf ist? Also wirklich ein Kampf der körperlich richtig anstrengend ist? Unser Sohn kann seit dem 7. Lm nur noch Pants tragen, da es wirklich unmöglich ist, Windeln irgendwie vernünftig anzulegen. Er dreht sich sofort auf den Bauch und steht auf, empfindet es als lustiges Spiel. Doch nen vernüftigen Wickeltisch anschaffen? Der Ursprüngliche ist eine geerbte Kommode auf den nur eine schmale Wickelunterlage in der Neugeborenenzeit gepasst hat. Seit dem 4. Lm wickeln wir am Sofa, da es ab da auch schon unruhig wurde. Bei uns ist der Penis der Penis, Urin / Stuhlgang sind nicht Bäh und mein Sohn kommt zu mir gekrabbelt wenn ich ihn frage ob wir eine neue Windel (nenne die Pants auch Windel) anlegen wollen. Bin echt ratlos.

  28. Zur Frage mit dem Nägelschneiden – die ist zwar schon älter, aber vielleicht hilft es wem. Was bei Babys gut funktioniert, ist die Nägel zu schneiden, während sie schlafen.
    Bei unserer Tochter (18 Monate) machen wir es mittlerweile so, dass wir beim Fingernägel schneiden kurz den Fernseher einschalten, dann ist sie ganz fasziniert und es ist ohne Verletzungsgefahr in 2 Minuten erledigt. Natürlich sollte sie in dem Alter nicht Fernsehen, aber ich denke 2 Minuten Tierdoku pro Woche schaden weniger als Kämpfe, Geschrei und mögliche Verletzungen.

  29. Diesen Artikel habe ich gelesen, als mein Kind zur Welt kam. Habe gedacht, ja, so werde ich es machen, toll wird das. Da konnte sich mein Kind auch noch nicht bewegen, ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie es sein kann und meine Zustimmung schwang voll mit im Tenor des Artikels, dass Eltern, bei denen das Wickeln schwierig ist, einfach nur nicht liebevoll respektvoll genug sind und ganz offenbar an ihrer Situation allein Schuld.

    Seitdem mein Schatz sich aber drehen, spätestens aber krabbeln kann, ist es auch bei uns oft genug eine „Jagd“ und ich hätte mir das früher nie vorstellen können.
    Nein, auch freundliche Ankündigungen und der Vorschlag, doch auch einmal die Windel zu öffnen, führen zumindest bei meinem 13 Monate alten Wildfang nicht dazu, dass er kooperiert. Sein Verhalten ist purer Abenteuerdrang. Es gibt schließlich so viel zu entdecken. Was auch immer ich sage, wird doch daran nichts ändern.
    Er krabbelt trotzdem lachend weg, läuft hin und her, wenn er stehen soll etc… Bei Pipi – geschenkt! Aber ein Stressfaktor, wenn der Po voller „Kacki“ (so heißt es bei uns) eifrig davonwackelt und sich dann erst mal begeistert auf den Teppich oder die Spieldecke draufsetzen will. Das klingt lustig, aber das ist es nicht, wenn man pünktlich zur Kita muss.

    Mein Mann, der natürlich selbst keinen Finger rührt, sagt mir gerne im Vorbeigehen, was ich dabei alles falsch mache. Und so ähnlich klingt dieser Artikel jetzt für mich auch.
    Klar, manch einer Mutter werden die Tipps helfen und für die freut es mich. Aber der Text weckt auch Illusionen, geht von Idealsituationen aus und erzeugt Druck. Den man als Mutter nicht braucht, denn um ehrlich zu sein hätte man es ja auch gerne anders und fühlt sich furchtbar mit der Situation. Ich liebe doch diesen kleinen Körper und würde ihn so gerne achtsam und entspannt pflegen, wenn er mich nur ließe… Ach es macht mich einfach traurig und wenn ich mir jetzt noch überlege, dass ich mein Kind offenbar nicht achte, nur weil ich seinen kleinen Hintern davon abhalte, alles in seinem Bewegungsradius dreckig zu machen… Weiß nicht ob ich da wütend werden oder weinen will.
    Ich hoffe wirklich, dass es anders gemeint ist als ich es jetzt aufnehme.

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