Monat: August 2014

Über Mutterliebe

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Heute ist mein Sohn vor meinen Augen vom Sofa gefallen, Kopf voran, ohne sich abzustützen. Er fiel auf den Kopf, der sich in meinen Augen gefährlich zur Seite knickte. Mein Herz blieb einen Moment stehen. Kennt Ihr diese Momente, in denen ihr seht, dass sich Eure Kinder verletzten und man nicht schnell genug eingreifen kann? Und doch scheint in diesen Situationen die Zeit langsamer zu verlaufen. Es schießen blitzschnelle Gedanken durch den Kopf: Nein, das darf nicht sein! Nein, wie weit ist es zur Klinik? Muss ich einen Krankenwagen rufen? Oh Gott, hoffentlich ist es nichts Schlimmes. Lebt er noch? All diese Gedanken innerhalb weniger Sekunden.

Der Sohn lag auf dem Boden und schrie. „Gott sei Dank, er schreit.“ Der erste Gedanke. Und schon nehme ich ihn vorsichtig hoch in meinen Arm. „Und wenn er jetzt eine komplizierte Fraktur hat und ich ihn nicht hätte bewegen sollen?“ geht es durch meinen Kopf. Aber mein Gefühl ist stärker und ich wiege das schreiende Kind in meinem Arm. Er schreit, das ist gut. „Sofort ins Krankenhaus!“ rufe ich meiner Tochter und meinem Mann zu. Der Sohn schreit noch immer, die Tochter zieht sich ganz allein in Windeseile die Schuhe an und holt Kuscheltiere. Wir alle haben ihn fallen sehen und haben Angst. Mit einem leisen Aufschluchzen verlangt der Sohn die Brust und fängt an zu stillen. Da sind wir schon am Auto. Er liegt so klein in meinen Armen und zittert. Oder zittere ich? Dann blickt er mich an und sagt „Andere Seite, bitte.“

Es ist alles in Ordnung, denke ich. Ich gehe wieder ins Haus, lege den Sohn aufs Sofa und untersuche ihn. Alle Gliedmaßen sind beweglich, es tut nicht besonders weh. Nur die Stirn ist ganz rot. Tochter und Mann kommen hinterher. Ich erinnere mich, wie er seinen ersten Fieberkrampf hatte und welche Sorgen ich hatte, dass er nicht mehr atmet.

In manchen Momenten bleibt das Herz kurz stehen. Und in diesen Momenten ist es egal, wie anstrengend der Morgen war. Es ist egal, dass ich wenig geschlafen habe, weil ich nachts oft stillen musste. Es ist egal, der Sohn beim Frühstück zweimal das Glas umgestoßen hat (einmal davon mit Absicht), dass er gestern die Wand mit Kugelschreiber bemalt hat oder heimlich die Geburtstagskekse des Mannes aufgegessen hat. Und auch seiner großen Schwester ist es egal, dass sie vor wenigen Minuten noch mit ihm Stritt und ihn den „König von Blödihausen“ nannte. Alles das ist egal. Und wir wünschen uns, dass wir etwas geduldiger gewesen wären, etwas mehr Humor gehabt hätten oder mehr Gelassenheit hätten zeigen können. In den Momenten, in denen man fürchtet, einen der wichtigsten Menschen zu verlieren, ist alles andere so egal.

Diese Momente, sie lehren uns so viel: Wie schnell wir reagieren, wie schnell so ein Notfallplan abläuft, aber auch, wie sehr wir im Alltag manchmal zu sehr auf das Unwichtige schauen. Was ist ein umgeworfenes Glas gegen ein Kinderlachen? Genießt die Zeit mit Euren Kindern, genießt jeden Augenblick. Das ist es, was wirklich zählt.

Aus dem Kräutergarten – Leckere Kräuterrezepte

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Unsere wunderbare Kräuterspirale hat in diesem Jahr ganze Arbeit geleistet und die Ernte fällt sehr gut aus. Nicht nur für unsere Samstäglichen Grillrunden haben wir jedes Mal frische Zutaten: Die Kräuter wachsen so üppig, dass auch für viele andere Gelegenheiten etwas da ist. Heute möchte ich Euch zwei leckere Ideen vorstellen aus meiner Kräuterküche: Neben Tee aus frischen und getrockneten Kräutern mache ich gerne Kräutersalz oder Kräuterpesto. Beides lässt sich auch ganz wunderbar verschenken und Kinder haben Freude beim Pflücken der Kräuter und dem Zerreiben der Zutaten – bei dem man natürlich dennoch unterstützen muss.

Kräutersalz

Das Kräutersalz lässt sich sehr einfach herstellen: Kräuter nach Wahl trocknen. Ich nehme für das Kräutersalz gerne Rosmarin, Oregano, Salbei, Majoran, Bohnenkraut. Gerade der Salbei muss ausreichend getrocknet sein (dauert meist etwas länger als die anderen Kräuter). Dann werden die Kräuter einfach etwas zerbröselt in den Mörser gegeben. Ich nehme eine handvoll getrockneter Kräuter. Dort ein wenig mit dem Stößel zerreiben. Dann etwas Salz hinzu fügen, etwa einen halben Teelöffel. Durch das Salz können die Kräuter besser zerrieben werden. Dann nach Bedarf Kräuter und Salz hinzu fügen und alles zu einer sehr feinen Mischung mit Kraft verreiben. Abschließend in kleine Salzfässer abfüllen. Das Kräutersalz schmeckt sehr gut zu gekochten Kartoffeln oder Tomate mit Mozzarella.

Kräuterpesto

Ein anderes Lieblingsrezept ist das Kräuterpesto aus Salbei, Basilikum und Minze. Dazu etwa eine handvoll Salbeiblätter pflücken, 2 handvoll Basilikumblätter und einige Minzblätter (5-7). Die frischen Kräuter waschen und in kleinschneiden. Dann 2 EL Pinienkerne in der Pfanne rösten, abkühlen lassen, im Mörser zerstoßen. Dazu 1 EL Olivenöl geben und 1 EL süßen Senf. Zu einem feinen Brei zerstoßen. Eine Knoblauchzehe dazu geben und ebenfalls zerreiben, dann die kleingeschnittenen Kräuter zugeben und weiteres Olivenöl zugeben, so dass es eine breiige Masse wird. Abschließend noch 3 EL geriebenen Parmesan zugeben und ggf. salzen (zum Beispiel mit dem Kräutersalz). In ein Einmachglas abfüllen, ggf. noch etwas Öl zugeben. Schmeckt wunderbar zu Stockbrot am Lagerfeuer.

 

 

Aus den Sommerferien – Idee 7: Gemeinsam plastizieren

Wir malen und basteln gerne. Mit Farben haben wir schon in den verschiedensten Richtungen experimentiert: Fingerfarben, Tusche, Acrylfarbe, Aquarell, Buntstifte, Filzstifte und Wachsmaler sowieso… Plastizieren ist allerdings noch recht neu in der Sammlung der Bastelarbeiten. Zwar hat Knete uns schon oft viele regnerische Tage erträglich gemacht und wann immer ich ein paar Minuten Zeit für andere Dinge brauche, hole ich gerne die Knetmasse heraus und lasse die Kinder damit nach Herzenslust matschen und formen. Doch etwas, das bestehen bleibt, haben wir bislang nur selten gemacht.

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Für die Sommerferien hatte ich mir daher vorgenommen, mit den Kindern gemeinsam zu plastizieren. Gerade im Sommer lässt sich das gut machen mit einem kleinen Tisch im Garten und einer Schüssel Wasser, um sich darin die Hände zu befeuchten oder kurz zu waschen.

Mit der Tochter gemeinsam als Mama-Tochter-Zeit habe ich einen Töpfernachmittag besucht. Der Sohn war darüber ziemlich empört und hat immer wieder gesagt, dass er sowas auch gerne machen möchte. Für einen ganzen Nachmittag ist er mit seinen 2 Jahren dafür noch zu klein, aber für unsere Ferienbastelzeit am Vormittag ist das eine gute Idee. Daher habe ich selbsthärtende Modelliermasse gekauft (muss nicht gebrannt werden) und dazu ein paar Modellierhölzer. Daneben noch allerlei Dinge gesammelt, die man zum Abformen nutzen kann: Muscheln, Steine, kleine Hölzer, Schüsseln und Tassen aus der Puppenküche. Im Vordergrund des Gestaltens liegt bei den Kindern nicht das Produkt. Es muss keine schöne Schale oder Tasse heraus kommen. Es soll Spaß machen, der Umgang mit dem Material soll erfreuen und das Lernen, was man damit machen kann. Und so wurde die Modelliermasse geknetet, geworfen, zerbröselt und wieder zusammen gesetzt. Sie wurde platt gedrückt, gegen Muscheln gepresst und mit den vielen kleinen Stäbchen unterschiedlich bearbeitet. Ein Vormittag voller Kreativität, voller Spaß – für etwa 10 Euro Materialkosten. Und auch ich habe ein wenig gebastelt und geformt und werde mit meinen kleinen Schälchen die Puppenküche bereichern.

Warum ich noch immer stille – geht eigentlich niemanden was an

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Mein Sohn wird in einigen Monaten 2 Jahre alt und ich stille ihn noch. Ich stille ihn nicht nur abends zum Einschlafen oder morgens nach dem Aufstehen. Ich stille ihn noch immer nach Bedarf. Dieser Bedarf kann täglich anders sein: An manchen Tagen habe ich das Gefühl, dass er mehr stillt als andere Nahrung zu sich nimmt. Das sind besondere Tage. Tage, an denen ich um so mehr spüre, wie wichtig das Stillen für ihn ist und dass er es gerade an diesem Tag benötigt.

Wer sein Kind so lange stillt, wird in unserer Kultur zwangsläufig früher oder später einen komischen Seitenblick bekommen. Wenn nicht in der eigenen Familie, dann vielleicht im Freundeskreis oder auf der Straße. Ich stille bereits mein zweites Kind so lange und kenne die Blicke und Kommentare der anderen. Durch mein erstes Kind und meine dabei gewachsene starke Befürwortung des langen Stillens haben sich die Menschen in meiner Familie an das Stillen gewöhnt und auch meine Freunde wissen, dass dieses Stillen zu mir gehört und zu der Art, wie ich Mutterschaft lebe. Was noch in der ersten Stillzeit ein langer Kampf war mit immer wieder kehrenden Diskussionen über das Verwöhnen, über den angeblichen Nährstoffbedarf des Kleinkindes und mögliche psychische Folgen, hat sich abgeflacht. Es wird vielleicht noch belächelt oder es kommt auch mal ein flapsiger Kommentar. Aber sie wissen es und kennen mich.

Überrascht hat mich dann doch eines Tages die Frage nach der Stilldauer von einer Person, von der ich es nicht erwartet hätte: „Mama, wie lange willst Du meinen Bruder noch stillen?“ Ob ich ihn länger stillen würde als ich sie gestillt habe? Meine Tochter habe ich im Alter von 2 Jahren abgestillt. Sie hatte nicht mehr viel gestillt zu diesem Zeitpunkt und für mich war der Punkt gekommen, an dem ich nicht mehr stillen wollte. Ich hatte mit ihr gesprochen damals, hatte es ihr erklärt und ganz langsam unsere Stillbeziehung gelöst. Es tat sich eine neue Zeit auf, eine andere Art der Beziehung hat sich damals ergeben. Die Zeit nach dem Stillen. Eine Zeit, in der man auf andere Art beruhigt, als das Kind an der Brust zur Ruhe kommen zu lassen. Eine Zeit, in der das Kind anders einschläft als an der Brust. Eine neue Zeit mit neuen Räumen für Gemeinsamkeit aber auch der Loslösung einer engen Verbindung. Wir sind diesen Weg gut und richtig zusammen gegangen und haben für uns neue Rituale und neue Gemeinsamkeiten gefunden. Denn das bedeutet das Abstillen auch: Zusammen neues erfahren.

Nun rückt der zweite Geburtstag des Sohns heran. Die Tochter beäugt kritisch die Stilldauer. Vielleicht ein natürlicher Instinkt eines Kindes, das fürchtet, dass in das Geschwisterkind mehr investiert werden könnte, es mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommt – wenn man es evolutionsbiologisch betrachten möchte. Vielleicht ist es auch die Frage eines Mädchens, das auch später einmal Kinder haben wird – wenn ich es sozial betrachte. Welche Gründe auch hinter ihrer Frage stehen, kann ich ihr nur erklären, dass die Stilldauer bei jedem Kind anders ist und ich ihren Bruder wahrscheinlich auch noch nach dem zweiten Geburtstag stillen werde.

Jedes Kind ist anders. Jedes Kind hat seine Persönlichkeit, seinen eigenen Entwicklungsverlauf, sein Temperament, sein Beruhigungsstrategien. Und so kann auch die Stilldauer bei jedem Kind ganz anders aussehen. Einige Kinder stillen sich früh ab oder werden abgestillt, weil Mütter nicht stillen können oder wollen. Andere Kinder werden über das erste Jahr hinaus gestillt, manche auch über das zweite oder noch länger. Die Entscheidungen, die dahinter stehen, können so vielfältig sein. Von Außen ist es kaum möglich, die persönlichen Gründe für eine Stillbeziehung zu erfahren. Vielleicht ist es die ruhige Zeit für Mutter und Kind im hektischen Alltag zwischen Job und Familie, die das Stillen mit sich bringt. Oder es ist die gute Beruhigung für ein Kind, das sonst Schwierigkeiten hat, sich selbst zu regulieren? Oder es ist das Nachholen von Nähe, die am Anfang des Lebens nicht möglich war? Wir kennen die Gründe nicht für das Stillen der anderen nicht.

Und so, wie wir sie nicht erfahren werden und nicht uns nicht vollständig in sie hinein versetzen können, um zu verstehen, sollten wir es auch einfach lassen. Es gibt Frauen, die ihre Kinder stillen und es gibt Kinder, die gestillt werden. Manche kürzer, manche länger. Aus welchen Gründen auch immer. Natürlich gibt es auch rein logische Gründe in Zusammenhang mit den Inhaltsstoffen der Muttermilch. Doch bei lange Stillenden stehen diese meist nicht im Vordergrund. Es sind Gründe, die mit der Familie zu tun haben, mit dem Wesen der Beteiligten. Es sind nicht unsere Gründe und es ist nicht unsere Aufgabe, darüber zu urteilen. So, wie ich nicht darüber urteile, warum manche Menschen ausschließlich rosa tragen oder sich die Fußnägel täglich neu lackieren. Es ist eine Entscheidung, die man trifft. Für sich und sein Kind. Und so muss es sein.

Aus den Sommerferien – Idee 6: Ein Besuch auf dem Bauernhof

Besuche auf dem Bauernhof sind toll. Früher haben wir meistens unseren ganzen Urlaub auf unserem Lieblingsbauernhof in der Uckermark verbracht. Nun, wo wir selber ein Haus auf dem Land haben mit Schafen, Pferden, Kühen und Hühnern in der Nähe, ist der Bauernhofurlaub nicht mehr so dringend notwendig. In diesem Urlaub wollten wir uns dann aber doch einen ganz bestimmten Bauernhof einmal näher ansehen: Das Ökodorf Brodowin.

Aus Brodowin kommt unsere Milch. Und jeder gute Coffeehipsterladen in Berlin verwendet Milch von dort. Also wollten wir uns unbedingt einmal ansehen, woher diese Milch kommt, die alle für die beste Milch halten. Was viele beim Griff ins Kühlregal nicht wissen: Brodowin ist gar nicht weit entfernt von Berlin, mit dem Auto etwa eine Stunde liegt es bei Chorin.

Immer Samstags gibt es dort eine Hofführung für Erwachsene und Kinder. Dabei erfährt man alles über den Hof und seine Produkte: Von der Anzahl der Kühe über den Umgang mit Kälbern und einem Einblick in die gläserne Molkerei bis hin zu Hühner- und Ziegenhaltung. Und man kann alles vor Ort ansehen, Tiere anfassen, Fragen stellen. Wirklich ehrlich wird dort über Tierhaltung und Wirtschaftlichkeit gesprochen.

Erste Station der Führung war einer der mobilen Hühnerwagen, die auf der Streuobstwiese stehen und in regelmäßigen Abständen umher gefahren werden. So haben die Hühner immer wieder frisches Gras, denn wie wir hier erfahren: Hühner brauchen nicht sandigen Boden, in dem sie scharren, sondern Gras. Da aber recht schnell bis auf die Wurzeln alles ausgescharrt ist, müssen Hühner bewegt werden. Dies hat auch den Vorteil, dass sich so Krankheiten nicht gut verbreiten können, denn die Hühner werden zu einem neuen Platz gebracht und der Hühnerkot wird von der Sonne auf dem alten Feld „desinfiziert“.
Nachdenklich stimmt einen die Information, dass bewusst eine Hühnerrasse ausgewählt wurde, die sowohl gut Eier legt als auch Fleisch ansetzt, damit männliche Nachkommen nicht wie in anderen Betrieben sofort getötet werden. Aber auf eine reine Legerasse zu setzen, würde sich finanziell nicht lohnen, weil Menschen den Preis für ein Ei eines gut gehaltenen Legehuhns nicht zahlen würden, der sich dann auf 1 Euro/Stück belaufen würde. Und wie wir erfahren ist es auch hier so, dass die Tiere, die keinen Nutzen mehr bringen, geschreddert werden.

Diese Informationen erinnern mich an das Buch „Landleben: Von einer, die raus zog“ von Hilal Sezgin, das ich kürzlich gelesen habe und in dem sie über Hühner u.a. schreibt:

Weil heutige Hühner so stark auf eine bestimmte Leistung – die Produktion von Eiern oder Fleisch – gezüchtet sind, sind die männlichen Küken überflüssig und werden noch am Tag des Schlüpfens aussortiert, begast und durch einen Schreder gedreht.

Weiter geht es im Anschluss zu den Kühen. Hier wird vorgewarnt: Die tragenden Kühe bitte nicht anfassen, sie sind sehr zickig. Die Kälber hingegen auf der anderen Seite des Stalls lassen sich gern streicheln und lecken mit ihren rauhen Zungen die Hände der Besucher ab. Die Kinder sind zuerst etwas zurückhaltend, müssen sich auch erst an den Geruch im Kuhstall gewöhnen. Dann aber wollen auch sie die Tiere streicheln. Die Kälber erhalten hier 100 Tage Vollmilch, davon in der ersten Woche die Milch ihrer eigenen Mutter, später gemischte Milch. Ich blicke auf mein fast zweijähriges Stillkind im Tragetuch und wieder stellen sich mir viele ethische Fragen. Wir erfahren außerdem, dass den Tieren hier nicht die Hörner geschnitten werden und darauf geachtet wird, dass sie erst ausgewachsen sind, bevor sie gedeckt werden. Die Mitarbeiterin erklärt, dass man anhand der Hörner erkennen könne, ob eien Kuh schon einmal getragen hat, denn dann gibt es Einschnürungen an den Hörnern. Werden Kühe zu früh trächtig, wachsen sie nicht mehr weiter, weil alle Energie in das Junge geht. „Wie bei uns Menschen“, erklärt die Mitarbeiterin, „wenn Kinder Kinder bekommen, wachsen sie auch nicht mehr.“ Das wusste ich noch nicht und nehme mir vor, es zu recherchieren. Kalbfleisch wird hier nicht produziert und es gibt Kühe, die auch 12 oder 14 Jahre alt hier werden. Aber es wird immer darauf geachtet, ob die Kuh in die Gruppe passt oder es andere Probleme gibt, die auch schon früher zum Schlachter führen. Mir wird klar, dass auch ein Ökobetrieb wirtschaften muss und es nicht alles rosarot ist, wenn man Tiere hält.

Nachdem wir einen Blick in die Gläserne Molkerei geworfen haben, geht es im Fußmarsch zu den Ziegen. Die Kinder dürfen die Ziegen mit Ölkuchen füttern: Einem Abfallprodukt, das bei der Herstellung des Sonnenblumenöls entsteht. Denn der Betrieb versucht wirtschaftlich zu sein und es wird geschaut, welche vermeintlichen Abfallprodukte doch noch irgendwo genutzt werden können. Da im Betriebsalltag wenig Zeit für Forschung bleibt, wie die Mitarbeiterin erklärt, wird mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde zusammen gearbeitet und Studenten von dort erproben an einigen Stellen Ideen auf dem Hof. So zum Beispiel auch mit dem Ölkuchen, bei dem die Studentin in vielen Experimenten probiert haben, ob und wie dieser an die Tiere verfüttert werden kann.

Danach geht es zurück zum Hof. Wir naschen auf dem Weg noch einige Brombeeren vom Strauch und nehmen im Hofladen unser Mittagessen ein.

Was zurück bliebt? Die Kinder fanden die Führung und den Besuch toll. Für mich haben sich viele Fragen ergeben in Bezug auf das Essverhalten unserer Gesellschaft, unserer Einstellung zu Preis und Warenwert und generell zum Konsum tierischer Lebensmittel. Deswegen war es nicht nur für das Wohlbefinden ein guter Ausflug, sondern auch, um neue Gedanken anzustoßen.

 

 

 

Kinder zum Frieden erziehen

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Wir alle wollen für unsere Kinder und Enkelkinder das Beste. Wir wünschen ihnen eine gute Zukunft, Glück, Arbeit, die sie gern verrichten und wir wünschen ihnen ein friedliches Leben. Gerade diejenigen von uns, die selbst den Krieg erlebt haben oder auch die, deren Eltern im Krieg waren und von ihnen wissen, was es bedeutet. Krieg ist grausam und keinem Kind – oder Erwachsenen – wünscht man, dies erleben zu müssen.

Kinder zum Frieden erziehen, das beginnt nicht erst im Schulalter, auch nicht im Kindergartenalter. Wir erziehen Kinder zum Frieden von Anfang an. Wir tun dies, indem wir ihnen Werte mit auf ihren Weg geben, die sie begleiten, ihnen Kraft geben und ihnen die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden und überlegte Urteile zu treffen. Jede Generation hat ihre Kinder für das erzogen, was gerade notwendig war: Es wurde auf Gehorsam und Unterwerfung gesetzt, um willige Soldaten zu erziehen. Doch heute wünschen wir keine Jugend „zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl“. Wir wünschen uns Kinder und Jugendliche, die Fragen stellen, die reflektieren, die die Zukunft zum Guten wenden wollen.

Deswegen gehen wir von Anfang an mit Kindern  anders um. Es gibt das berühmte Buch „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ von Johanna Haarer, Ärztin und Autorin von Erziehungsratgebern, die der Ideologie des Nationalsozialismus entsprachen, geboren 1900. 1934 wurde der nationalsozialistische Ratgeber von ihr veröffentlicht. Das Buch wurde dann, leicht verändert, aber immer gegen die „Verzärtlichung“ gerichtet, bis März 1996 aufgelegt und viele der dort vertretenen Vorstellungen zur Kindererziehung sind noch lange nach ihrer Zeit in den Köpfen der Eltern verankert: Wenn wir vom Verwöhnen sprechen, vom Lob der Disziplin, von Gehorsam und Abhärtung, dann sind das alles Begriffe, die noch immer die nationalsozialistische Erziehung durchblicken lassen und die der Zeit davor, die ihr den Weg ebnete. Hier wird beschrieben, welch ein “Schlachtfeld” die Geburt sei, dass “Machtkämpfe” um das Stillen und Sauberwerden stattfinden, dass mit Härte gegen das Schreien vorgegangen werden müsse:

»Dann, liebe Mutter, werde hart! Fange nur ja nicht an, das Kind aus dem Bett herauszunehmen, es zu tragen, zu wiegen, zu fahren oder es auf dem Schoß zu halten, es gar zu stillen. Das Kind begreift unglaublich rasch (…). Nach kurzer Zeit fordert es diese Beschäftigung mit ihm als ein Recht, gibt keine Ruhe mehr, bis es wieder getragen, gewiegt oder gefahren wird – und der kleine, aber unerbittliche Haustyrann ist fertig.«

Doch genau das ist es, was wir NICHT mit Kindern tun sollten, wenn wir sie heute für eine friedliche Zukunft erziehen wollen. Aus der Forschung ist bekannt, welche Wirkungen langes Schreien lassen auf die Gehirnentwicklung und die Hormonausschüttung hat. Kinder, die dies erfahren müssen, haben eine geringere Frustrationstoleranz, sind angespannter und weniger konfliktfähig. Auch wissen wir heute, welche wichtige Bedeutung der Körperkontakt für Kinder hat und dass die durch positiven Körperkontakt ausgeschütteten Liebeshormone sich ebenfalls förderlich auf die Entwicklung auswirken.

Was bedeutet dies nun in Hinblick auf Erziehung zum Frieden? Es bedeutet, dass wir unsere Kinder ganz einfach lieben müssen, ihnen nahe sein müssen und mit ihnen respektvoll umgehen sollen, damit auch sie ihrerseits Menschen werden, die die Werte vertreten, die wir uns alle für die Zukunft wünschen: Liebe, respektvollen Umgang, Gerechtigkeitssinn, friedvolles Miteinander. Es sind manchmal die kleinen und einfachen Dinge, die die große und durchschlagende Wirkung erzielen.