Die letzten Wochen Schwangerschaft

Nun geht sie langsam zu Ende, die Zeit des Wachsens in mir, des Wartens, des Hineinspürens. Einen Menschen in sich zu tragen ist immer wieder ein großes Wunder. Wie er heran wächst, entsteht aus zwei kleinen Zellen, wie er größer wird, wie die ersten zarten Bewegungen wie kleine Schmetterlingsflügelschläge wahrnehmbar sind. Zu kleinen Stupsern werden sie, diese ersten zarten Berührungen, die anfangs kaum spürbar sind. Wie dieser Mensch immer mehr Raum einnimmt im eigenen Körper und schließlich zu spüren ist: Hier ist Dein Kopf, hier ist Dein Rücken, hier ist Dein Bein. Fast ungläubig – selbst beim dritten Kind – schaue ich manchmal auf meinen Bauch und sehe zu, wie sich direkt unter meiner Haut ein Mensch bewegt und von einer auf die andere Seite dreht. Ein Mensch in mir. Teil von mir, Teil von uns und doch so ganz er selbst.

Eins sein.  Wann ist man mit einem anderen Menschen so sehr verbunden wie in der Schwangerschaft Mutter und Kind? Hören, was der andere hört – zumindest gedämpft und in Teilen. Riechen, schmecken, empfinden. Mein Baby und ich sind eins. Wie von selbst wandert meine Hand zu dem kleinen Menschen in mir, wenn ich eine Bewegung spüre oder auch schon ganz am Anfang, als ich ihn noch nicht spürte, aber wusste, dass er da ist. Die schützende Mutterhand, die sich auf den Bauch legt wenn ich mich an einer engen Stelle hindurch geschoben habe – auch als der Bauch noch keine Wölbung hatte. Das Bedürfnis, dieses kleine Wesen in mir zu schützen, zu lieben und zu bewahren.

schwangerschaft

Ein wenig Wehmut verspüre ich bei dem Gedanken, dieses besondere Zusammenleben loszulassen, die lieb gewonnene Verbindung einzutauschen gegen eine neue Art des Zusammenseins. Ein Zusammensein, dass etwas weniger zusammen ist und etwas mehr Kennenlernen, Neugierde. Eines das wächst und auch immer mehr ein wenig auseinander geht, auch wenn das Gefühl der Liebe nie getrennt wird.

Du, mein Kind, weißt noch nicht, dass Du diese spezielle Verbindung, die wir jetzt haben, schon bald verlassen wirst. Du wirst geboren in eine Welt, in der so vieles so anders ist als Du es bisher kennst. So anders und doch auch vertraut durch das, was ich Dir schon jetzt zeige, an dem ich Dich schon jetzt teilhaben lasse. Du wirst sehen, was Du bisher hörtest, wirst anders riechen und schmecken und leben. Und dennoch wirst Du auch dort sein, wo Du schon immer warst. In meinem Herzen, wirst auch weiterhin geschützt von meinen Händen, gestreichelt und gehalten. Ich trage dich nicht mehr unter meinem Herzen, aber für einige Zeit daran und für ein ganzes Leben darin.

Eure
Susanne_clear Kopie

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