Mit Kindern sprechen – Nähe als Zauberwort

“Mama, ich hab was ganz Tolles!” höre ich mein Kind aus einem anderen Zimmer rufen. “Schrei nicht durch die ganze Wohnung!” rufe ich zurück. Klick, macht es in meinem Kopf. Wie oft rufe ich eigentlich etwas durch die Wohnung, meinem Kind hinterher, wie oft kommuniziere ich aus der Ferne? Und warum mache ich das eigentlich? Ist es wirklich praktischer oder scheint es nur auf den ersten Blick einfacher zu sein?

Meine Kinder sind noch klein, aber nicht mehr so klein, dass sie Inhalte meiner Sprache mehr durch Gestik, Mimik oder dem Folgen meiner Blickrichtung verstehen müssten. Und dennoch hat das gesprochene Wort von Gegenüber zu Gegenüber eine besondere Bedeutung, ist persönlicher, aussagekräftiger und eindrucksvoller. Gerade bei den ganz kleinen Kindern ist es noch wichtig, dass sie sehen können, wie wir unsere Wörter im Mund bilden. Sie blicken uns ins Gesicht, Babys formen mit ihren kleinen Mündern die Bewegungen unseres Mundes nach, wenn wir ihn weit aufreißen oder anders verziehen. Sprache lernen wir auch dadurch, dass wir sie sehen, dass wir den Ausdruck des anderen Menschen wahrnehmen und verbinden mit dem, welche Wörter er dabei produziert in welcher Stimmlage. Fast automatisch gehen wir in einen körperlichen Abstand, in dem uns das kleine Baby optimal sehen kann.

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Wenn das Kind jedoch größer wird und Wörter kennt und versteht, ist die Versuchung groß, uns mehr durch den Wortinhalt, den das Kind nun schon versteht, mitzuteilen als über all die sonstigen nicht-sprachlichen Kommunikationswege. Doch Sprache ist und bleibt mehr als nur die Aneinanderreihung von Worten. Wir transportieren damit Meinungen und Gefühle. Und dies gerade den Menschen gegenüber, die uns so nahe sind. Eine Botschaft an unser Kind ist immer mehr als nur ein Satz. Manchmal schwingt unendliche Liebe mit, manchmal Sorgen oder Wut. Das, was wir ausdrücken möchten, was wir wirklich unserem Kind mitteilen wollen, hat es verdient, ganz bei ihm anzukommen mit all den Inhalten, die wir vermitteln wollten. Genau so, wie auch unser Kind es verdient hat, dass wir wertschätzend zuhören.

Deswegen: Auch wenn die Kinder größer sind, ist es der beste Weg, aus der Nähe mit ihnen zu reden. Begeben wir uns zu ihnen, auf ihre Augenhöhe. Seien wir Vorbild dafür, dass auch sie mit uns Auge in Auge sprechen wollen und ihre wichtigen Inhalte ganz und gar mit uns teilen. Sagen wir ihnen, was wir wirklich meinen und lassen nicht nur unseren Mund sprechen, sondern auch unser gesamtes Gesicht, unseren Körper. Teilen wir uns ganz mit, damit sie uns wirklich verstehen und antworten können. Ja, manchmal ist es einfacher und schneller, wenn wir aus der Ferne sprechen, aber oft geht dabei etwas verloren von dem, was wir transportieren wollen. Und das ist es doch eigentlich, was wir gerade nicht wollen.

Eure
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3 Kommentare

  1. eine lustige beobachtung zum thema augenhöhe: weil ich mich oft auf augenhöhe des kindes begebe, wenn ich mit ihm rede, macht er das jetzt auch mit anderen kindern. egal, ob sie grösser oder kleiner sind als er. ♥

    • Kirschkerneknacker

      Wie süß! Da hat dann aber wirklich jemand verstanden was das für einen großen Unterschied machen kann! Alles richtig gemacht oder?

  2. Kirschkerneknacker

    Du hattest ja schon einmal einen Post zu einem ähnlichen, auch verbalen, Thema gemacht, woraufhin einer meiner eigenen Blogposts entstanden ist.
    Ich stimme dir vollkommen zu. Eine gute und vor allem funktionierende Kommunikation hat auch immer etwas mit Nähe – und wenn möglich physischer Nähe zu tun.
    Und auch dazu hatte ich bereits meine Gedanken vor einiger Zeit nieder geschrieben. http://kirschkerneknacker.de/verdammte-vorbilder/
    Würde mich freuen wenn es dich interessiert.

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