Über das Loben

ein wenig Musik zwischendurch

Ich werde gerne gelobt. Wenn ich ehrlich bin, dann ist es das Lob und die vielen lieben Leser_innenbriefe, die mich immer wieder darin bestärken, dieses Blog zu schreiben. Ich freue mich darüber ehrlich. Und ich teile auch gerne andere Beiträge oder kommentiere sogar, wenn ich dazu die Zeit finde und mich etwas wirklich bewegt. An vielen Stellen denke ich, dass Menschen für ihre Arbeit – gerade die, die sie aus Überzeugung machen – viel zu wenig gelobt werden. Ich bin ein Mensch, der gerne positive Sachen sagt und andere damit bestärkt. Und natürlich mache ich das auch bei meinen Kindern. Warum eigentlich auch nicht?

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Ist Loben Manipulation?

Ja, loben kann Manipulation sein. Und ja, man kann Lob auch falsch einsetzen. Wie immer geht es um das Wie und das Warum, aber nicht um das Ob. Ob man seine Kinder auch loben sollte, steht außer Frage: Ein Lob führt zur Ausschüttung von Glückshormonen, körpereigenen Opiaten und Oxytocin – wir fühlen uns deswegen wohl, wenn wir gelobt werden. Wir fühlen uns zugehörig, anerkannt, finden uns in der Gruppe wieder. Das ist wichtig für uns als Menschen und war in der Geschichte der Menschheit überlebenswichtig. Wir sind, was wir sind, durch unsere soziale Interaktion, durch das Miteinander. Auch unsere Kinder wollen dazu gehören, wollen Teil einer Gruppe, eines Clans sein. Und dieses Gefühl der Zugehörigkeit bekommen sie auch durch ein Lob. Durch Anerkennung ihres Wesens. Mit einem Lob können wir sagen: Du bist ein toller Mensch und ich finde gut, was Du machst. Es geht nicht um eine Bewertung, sondern um ein Sehen, um ein Wahrnehmen. Denn: Das Kind soll von sich aus, innerlich bereit sein, Dinge zu tun, zu handeln, Fortschritte zu machen. Nicht, weil wir es von Außen lenken.

Ein Lob sollte nicht aussagen: ich mag Dich nur dann, wenn Du diese Sache machst. Es ist kein Mittel zur Kontrolle, soll unsere Kinder nicht in Schubladen einordnen. Wir sagen damit nicht: ich habe Dich nur lieb, wenn Du so bist. Es soll uns und unsere Kinder nicht in ein Schwarz-Weiß-Denken pressen: Was gelobt wird ist gut, was nicht gelobt wird, ist schlecht. Kinder sollen nicht lernen, Dinge nur wegen des Lobes zu tun. Denn ja: In so einem Fall kann Lob süchtig machen. Lob soll nicht unter Druck setzen, wenn wir Dinge einfordern, weil das Kind es ja schon ein anderes Mal ganz toll gemacht hätte. Lob soll auch nicht eingesetzt werden, damit wir unsere Ruhe haben, damit wird es los sind.

Richtiges Loben

Richtiges Loben ist möglich. Dann, wenn wir unsere Wünsche und Erwartungen hinten anstellen und einfach nur wahrnehmen und annehmen, was uns entgegen gebracht wird. Nein, Kinder müssen nicht ständig und immer fort gelobt werden für alles. Aber wir können sie loben, wenn es ganz aus unserem Herzen kommt. Wenn wir ganz ehrlich überrascht sind von einer Sache, die uns unser Kind zeigt “Es sieht toll aus, was Du gemalt hast!”, wenn wir einen Meilenstein des Kindes bemerken, den es erklommen hat “Du kannst wirklich lang auf einem Bein hüpfen!”, wenn wir es einfach annehmen, so wie es ist, einfach weil es da ist “Ich hab Dich lieb!”

Wie handhabt Ihr es mit dem Lob?
Eure

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8 Kommentare

  1. Ich versuche, nicht zu loben. Klar falle ich da auch manchmal zurück; meine Generation/Umfeld war sehr „lobend“. Ich glaube aber, das Kinder/Menschen gesehen werden wollen, nicht bewertet. „Hey, ich freue mich mit Dir über Dein Bild! Sagst Du mir, was Du gemalt hast?“ (Oder in etwas kürzerer Form 😉 Die Freude sieht das Kind wahrscheinlich an meinem Gesicht ;))eröffnet viiiiiel mehr als „das ist aber toll!“ , da gibt es evtl noch einen interessanten Dialog mit dem Kind, bei „Toll“ ist die Unterhaltung dann oft auch zu Ende. Ich merke das an meinen Kindern – unsere freie Schule wertet ja auch nicht, also erwarten sie es auch nicht. Davon unabhängig ist die authentische Begeisterung – die aber ja unabhängig von den Worten. Und einem Kind, das nicht schon abhängig von Lob ist, „schadet“ auch ein Oma-Lob nicht – oder ein „wow, das Bild/die Farben gefallen mir total gut. Gefällt es dir auch?“Diese Unterscheidung finde ich aber wichtig. ICH finde es klasse – das ist nichts Allgemeingültiges – naja, je nach Alter des Kindes ist es für das Kind schon „allgemeingültig“, was ich sage, daher bisschen eingeschränkt.

  2. Ich persönlich glaube nicht, dass es „richtiges Loben“ gibt. Ein Lob ist immer eine Bewertung, und neben der „Manipulationsgefahr“, die Du in Deinem Text beschreibst, finde ich noch problematisch, dass wir uns beim Loben immer über den Menschen stellen. Auch wenn „Lob“ ja ein positives Urteil ist, ist es aus meiner Sicht dennoch eine Anwendung von Macht: Wir spielen quasi Richter und entscheiden, wann etwas „gut“ gemacht wurde und wann nicht, wir urteilen.

    Dieses „richtige Loben“, von dem Du sprichst, würde ich ja eher als „Wertschätzung“ beschreiben. Das finde ich auch sehr zentral in jeder Art von Beziehung zwischen Menschen. Wertschätzung heißt für mich im wahrsten Sinne des Wortes, den „Wert“ des anderen zu „schätzen“, ihn zu sehen und so anzunehmen, wie er ist. Manchmal beschreibe ich einfach, was ich sehe („Wow, Du bist da ganz ohne Hilfe hochgekommen!“). Ein anderes Mal ist es mir wichtiger auszudrücken, was die Handlung des anderen bei mir ausgelöst hat („Danke, dass Du den Tisch gedeckt hast, jetzt habe ich weniger Arbeit.“)

    Es geht nicht darum, bestimmte Worte zu äußern und andere wiederum zu vermeiden – die Haltung den „Lobenden“ oder Wertschätzenden ist zentral. Sage ich das jetzt, weil ich ein bestimmtes Verhalten beim Kind verstärken will?
    Oder hat die Handlung des Kindes gerade bei mir bestimmte schöne Gefühle ausgelöst, die ich dem anderen mitteilen möchte? Bin ich gerade dankbar, froh, dass es den anderen gibt und möchte es ihn wissen lassen? Das ist für mich Wertschätzung.

  3. Franziska

    Ich finde, dass du ein bisschen am Thema vorbeischreibst – klar wird jeder gerne gelobt… aber es ist ja ganz was anderes, ob du beispielsweise von deinen Lesern gelobt wirst, als das Loben in einer Eltern-Kind Beziehung. In dieser kann das Loben meiner Meinung nach schon in die falsche Richtung führen.
    Alfie Kohn hat darüber sehr interessant geschrieben (wurde weiter unten schon bemerkt). Auf Deutsch hat das Buch den Titel „Liebe und Eigenständigkeit – die Kunst bedingungsloser Elternschaft jenseits von Bestrafung und Belohnung“. Das ist viel zu komplex, um das hier zusammenzufassen, aber sehr lohnenswert zu lesen, weil es im Gegensatz zu anderen Erziehungsratgebern tatsächlich Dinge klug hinterfragt, die ich nicht ohne weiteres in Frage gestellt hätte.
    Er ist sehr dafür, sein Kind wahrzunehmen, anzuerkennen und zu bestärken – schlägt aber andere Wege vor als das „Lob“, da dieses ja immer eine Wertung impliziert.
    Vielleicht meinst du ja sowas ähnliches – man muss evtl mal definieren, was man unter Lob versteht.

  4. Platt gesagt bin ich auch gegen das Loben und stimme den meissten Kommentaren hier zu.

    Unter deinem Punkt „richtiges loben“ schreibst du
    „Dann, wenn wir unsere Wünsche und Erwartungen hinten anstellen und einfach nur wahrnehmen und annehmen, was uns entgegen gebracht wird.“
    Und dann folgt als Beispiel
    „Es sieht toll aus was Du gemalt hast.“
    Das entspricht dem „einfach nur wahrnehmen“ ja leider überhaupt nicht, denn es ist eine wertende Aussage.
    Ich finde es sehr schwierig die richtigen Worte zu finden die wahrnehmen aber nicht werten. Das gelingt mir auch bei weitem nicht immer.
    So wie wohl Dir auch nicht.
    🙁
    Aber wie bei allem ist es ja wichtig dass wir uns bewusst sind und sensibel dafür bleiben…

    • Aber warum ist „toll“ denn gleich wertend? Ich denke, es kommt auch darauf an, wie wir einzelne Wörter generell verwenden.

  5. Auf Wunsch einer einzelnen Dam

    Sagt ihr nie zu euren Partner_innen: Mensch, hast du gut aufgeräumt! Oder: Du hast total gut gekocht heute, es schmeckt mir richtig gut! oder „Den Pullover hast du super ausgesucht, ich finde, er steht dir fantastisch.“ oder „Du hast mir mit Gefallen XY total geholfen!“ ?
    Ist das nicht auch ein „Loben“, wenn man positiv rückmeldet, was man toll findet, was einem gefällt, was gut tat?
    Ich finde die Formulierungen, dass es Loben „zu vermeiden“ gilt, oder dass Loben „nicht richtig“ ist, ziemlich erschreckend und auch kontraintuitiv.

    Für mich geht es schlicht und ergreifend um Authentizität. Wenn mir etwas gefällt, vielleicht auch ein Bild, wie in dem Artikel von Susanne, dann melde ich das zurück. Ja, das ist dann auch eine Wertung, aber es ist meine subjektive Rückmeldung und mein Gefühl dazu in dem Moment. Ich bin in den lobenden Momenten dann keine „Richterin“, sondern eine empfindende Person, mit der etwas passiert. Wenn ich diese Rückmeldungen vermeiden müsste, dann wäre ich doch lediglich ein Roboter. Und auch im Kontext eines Lobes kann ich einen Dialog mit dem Kind eröffnen. (Mensch, das Bild find ich richtig toll, vor allem das Grüne hier. Was ist das denn? Und was ist das da hinten? Da bin ich doch gleich mitten im Gespräch.)

    Das Geheimnis für mich ist, Lob nicht inflationär zu benutzen (typisch auf dem Spielplatz, wenn die Kinder winken oder was zeigen und wir Erwachsene viel zu oft gleich sagen: „Prima!“ oder „Super!“ anstatt einfach zurückzuwinken), sondern es authentisch rückzumelden, wenn wir es tatsächlich empfinden, und es zweitens nicht so zu instituionalisieren. Ich denke da an diese Belohnungstafeln und solche Sachen (bei zehn Sternchen gibt es dann ein Playmobil-Pferd oder so was), denn das finde ich doch sehr mechanistisch.

    Kinder zu loben und damit ihre Schritte und Erfolge anzuerkennen, empfinde ich als grundsätzliches Erziehungsprinzip unabdinglich. Ach, ich geh einen Schritt weiter: es ist ein Beziehungsprinzip überhaupt.

  6. Zu sagen: Es sieht toll aus, was du gemalt hast! ist in meinen Augen einfach eine Meinungsäußerung eines Erwachsenen (wenn er denn ehrlich ist). Ist doch ok. Eine Zeit lang dacht, nicht zu loben, wäre besser, damit das Kind aus sich heraus motiviert ist (Pädagogikstudium haha). Bis ich begriffen hab, ich darf doch mein Kind toll finden und da auch manchmal ein bisschen loben, wenn ich es denn authentisch meine.
    Besser finde ich (kriegs aber nicht immer hin) zu sagen: Oh klasse, ich freue mich so für dich, dass es dir gefällt! oder Ich freue mich, dass es dir gut geht! usw.
    Genauso andersrum: Statt zu sagen, „… dass macht man nicht“ lieber „Ich finde es nicht gut, dass du…, weil mich das stört/ich mich so und so fühle…“ aber klappt halt noch nicht immer und manchmal rutscht mir dann ein „….so benimmt man sich doch nicht“ bei völlig unmöglich Dingen raus (zB wenn mein Sohn echt randaliert). Merke dann oft, der hat das aber einfach nicht durchdacht und schämt sich dann (Beispiel: halb ruterhängende Plakate in der Stadt abreißen…).
    LG

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