Plazenta, Nabelschnur, Eihäute – Traditionen, Rituale, Verwendungsmöglichkeiten

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Was ist was und wofür ist es da?

Die Plazenta, auch Mutterkuchen genannt, entwickelt sich  neben dem Embryo aus der befruchteten Eizelle. Nach der Implantation der Plazenta in der Gebärmutterwand übernimmt sie etwa ab dem 11. Schwangerschaftstag die Versorgung des Embryos. Sie breitet sich dabei zum Einen auf einer größer werdenden Fläche der Gebärmutterwand aus, wächst zum Anderen aber auch in die Tiefe und nimmt mit dem Blutkreislauf der werdenden Mutter Kontakt auf, damit die Versorgung des Embryos mit Sauerstoff und Nahrung gewährleistet werden kann. Da sie aus demselben „Ursprungsmaterial“ wie der Embryo entstanden ist, hat sie auch dieselbe DNS wie dieser. Dabei ist zu beachten, dass der Blutkreislauf der Mutter und der des Kindes getrennt bleiben und nur ein Sauerstoff und Nährstoffaustausch stattfindet. Dies erfolgt dadurch, dass die fetalen Blutgefäße durch Zellschichten von den mütterlichen Blutseen getrennt sind. Die Trennschicht bildet die Plazentaschranke. Diese Schranke schützt vor dem Eindringen von Mikroorgnismen und großmolekularen Stoffen. Die Plazenta ist neben der Versorgung des Säuglings mit Nährstoffen auch für die Hormonproduktion zuständig, u.a. für die Produktion des Progesterons, da sie diese Produktion ca. sieben bis acht Wochen nach der letzten Menstruation selbst übernimmt und nicht mehr auf die Eierstöcke als Hormonproduzent angewiesen ist. Die Produktion des Hormons spielt später auch eine wichtige Rolle beim Einsetzen der Wehen, da bei einem gleichbleibendem bzw. steigendem Progesteronspiegel die Muskulatur der Gebärmutter entspannt bleibt, bei einem Sinken jedoch ein Zusammenziehen der Muskulatur erfolgt und die Wehen somit einsetzen. Auch dei Produktion anderer Hormone, wie HCG, Östrogen und HPL gehört zu den Aufgaben der Plazenta.

Zwischen der Plazenta und dem Embryo verläuft die Nabelschnur. Diese ist am Anfang noch recht kurz und dick, wächst aber im Laufe der Schwangerschaft und wird länger, wodurch der Embryo mehr Bewegungsfreiheit erhält. Sie zum Schluss etwa 50-60 cm lang und 1,5-2 cm dick. Die Nabelschnur besteht aus drei Gefäßen: zwei Nabelarterien für das sauerstoffreiche Blut, das Sauerstoff und Nährstoffe zum Embryo transportiert, und eine Nabelvene, welche das sauerstoffarme Blut und sonstige Abfallprodukte abtransportiert und wieder dem Blutkreislauf der Mutter übergibt. Die Nabelaterien schlängen sich um die Nabelvene. Die Blutgefäße sind in eine geleeartige Masse eingebettet, wodurch verhindert wird, dass sich Knoten bilden und die Blutzufuhr unterbrochen wird. Außen ist die Nabelschnur von Amnionzellen überzogen.

Der Fötus befindet sich während der Schwangerschaft in einem mit Fruchtwasser gefüllten Sack. Dieser besteht aus zwei Eihäuten: Über der inneren Eihaut (Amnionhaut; Wasserhaut) schützt ihn noch eine weitere, äußere und etwas kräftigere Eihaut (Chorionhaut; Lederhaut oder Zottenhaut). Die beiden Eihäute sind gegeneinander verschiebbar und garantieren so eine stabile Umhüllung des Fötus. Die Chorionhaut unterstützt die Planzena im Stoffaustausch zwischen Mutter und Kind und bildet Fruchtwasser, das dann durch die Amnionhaut diffundiert. Die Amnionhaut ist transparent und nimmt ebenfalls am Stoffaustausch teil, ist aber im Gegensatz zur Chorionhaut nur passiv beteilig. Die Amnionhaut wird nicht von Kapillaren versorgt und ist daher auf die Ernährung durch das Fruchtwasser angewiesen.

Was macht man mit Plazenta, Nabelschnur und Eihäuten nach der Geburt?

Althergebrachte Tradition ist es bei uns, die Plazenta zu vergraben und darauf einen Baum zu pflanzen. In anderen Kulturen gibt es weitere Verwendungsweisen für die Plazenta: In Sibirien wird sie bei den Jakuten dem Vater als Speise gegeben. Bei den Inuit wird sie getrocknet und dem Kind als erste Speise und später bei jedem besonderen Ereignis in der Kindheit gereicht. In Guinea wird sie in einen Topf gelegt, der im Hof in ein Loch gestellt wird. Weint das Kind in den ersten Tagen nach der Geburt oft und entwickelt sich nicht gut, knetet die Mutter die Plazenta durch, um dem Kind mehr Kraft zu geben.

Die Eihaut kann bei Verbrennungen als Heilmittel eingesetzt werden. Nach der sogenannten Amnionmethode, die größtenteils bei Verbrennungen bei Kindern eingesetzt wird, werden im Krankenhaus Verbrennungen mit Amnion bedeckt, wodurch es zu einem besseren Heilungsverlauf und weniger starker Narbenbildung kommt. Das verwendete Amnion wurde zuvor vom Deutschen Institut für Zell- und Gewebeersatz aufbereitet.

Die Nabelschnur ist ein Symbol für die Verbindung zwischen Mutter und Kind. Es ist auch hier möglich, die Nabelschnur aufzubewahren. Sie kann beispielsweise um eine Papprolle gewickelt und auf dem sonnigen Fensterbrett getrocknet werden, um sie später einmal an das Kind weiter zu geben. Nordamerikanische Indianerstämme flechten die Schnur in die Mähne des ersten Ponys des Kindes, um es zu beschützen. In Togo wird die Nabelschnur für einen liebevollen Pakt zwischen Mutter und Kind benutzt: Die Hebamme legt ein Stück derselbigen auf die Stirn und Brust der Mutter, dann auf Stirn und Brust des Kindes und sagt “Kind, wenn deine Mutter dich ruft, dann antworte. Mutter, wenn du dein Kind weinen hörst, dann beeile dich, nachzusehen.”

Weitere Rituale und Traditionen rund um die Geburt und die ersten Lebensjahre des Kindes finden sich in dem Bildband “Babys in den Kulturen der Welt” von Béatrice Fontanel und Claire d’Harcourt.